!•••»• ^^' ;• Jahresbericht '■r>V^ • ■^■;7- ■ •■•r.-*-. über das Königliche WiHielnis-Gfiniiasinni zu Königskrg i. Pr. von Michaelis 1878 bis Michaelis 1879 .T^-iC---.- -»* — .■ und Einladung zu der Freitag den 3. Octol)er stattfindenden öffentlichen PrüMg».... - »'^. *e.' Inhalt: l)' Die Wiederauffindung von Ciceros Briefen durch Petrarca. Eine philologisch- "^ kritische Untersuchunar Vom Oberlehrer Dr. Anton Viertel. 2) Schulnachrichten. Vom^irector Professor Urban. -f^s^SSSS^Sc v::t. Königsberg 1879. Hartungsche Zeituogs- und VerlagsdruckereL 1879. Progr. Nr. 9. ■4 :«>; ■■'■' - V^C^iTÄ* - /i^'^>. ■. ;V»t«*i» .^ •S^:r;» "»^ ■• r W Ordnung der öffentlichen Prüfung, '^r^:^^ \ r. ^ Freitag den 3. Oetober 1879. ;;^ '■ ■■V'-.- .'.-, :i.V Vormittags 8'/, Uhr Choralgesang. "r^ Ober-Tertia. Lateinisch: Herr Oberlehrer Dr. Erdinann. i Der Ober-Tertianer Bernhard Weiss trägt vor: „Die wiedergefundenen Söhne" von Herder. . ^ Unter-Tertia. Mathematik: Herr Oberlehrer von Morstein. Der Unter-Tertianer Adolf Riebensahm trägt vor: ^.Die Theilung der Erde" von Schiller. •?-■ ; Vormittags 10 Uhr. '- , Quarta. Lateinisch: Herr Dr. Hassenstein. > ,- Der Quartaner Paul Bartenwerfier trägt vor: „Die deutschen Ströme" von Buchner. Quinta. Französisch: Herr Arnold. Der Quintaner Paul Negenbom trägt vor: „Siegfrieds Schwert" von Uhland. ., Vormittags ii Uhr. Sexta. Geographie: Herr Peters. - Der Sextaner Hermann Lautenschlager trägt vor: „Der Storch" von Hebel. 'V ' Vorschule. Rechnen und Singen: Herr Schön. l Gesang: „Du bist's, dem Ruhm und Ehr gebührt" von Haydn. 1^- ^ • Nachmittags 2V2 Uhr. 'f.^' ' Secunda. Lateinisch: Herr Oberlehrer Dr. Viertel. Die Secundaner Meyer, Korallus und Block tragen eine Scene aus Schillers Wallenstein vor. 5.>- Nachmittags 3 Uhr. V- Prima. Piatos Meno. Der Director. ^■. Gesang: „Selig sind, die Gottes Wort hören". ^' .' Entlassung der Abiturienten durch den Director. *:v> Gesang: „Nun zu guter Letzt". yj^u" Sonnabend den 4. Oetober, 7 Uhr: Censur, Versetzung und Schluss des Schuljahrs. %:■■-- •" - ' '» '- "^:. - ■ , -'.■-, , ■-.. ■ -.4 ■"■■ - ■ ^M r- .-_ i , ■ ^**7 •_..-'■-. i , jf . - •■>Tf r;:*'^ v-y-^i.. - ■= \ ^r:---:.''-yr'i-f< .*>!-^ ,<; - '.■•'■ V Die Wiederauffindung von Cieeros Briefen durch Petrarca. Eine philologisch-kritische Untersuchung von Dr. Anton Viertel. ^-r^;:f-^/-^r:^':r-::<^^^ ■■> e;- ■■ V .<£ -■•*■■•: -?•■■- • » ■ *?V . ■>:: !• r VC; l,«»£.'^jw».' ^e:<,j^y '■■■■:■■ .-.-^-^/^ ■^■: ■w»r tr/ ' -r, ■•^4 Ueber den Antheil Petrarcas an der Wiederauffindung der Briefe Ciceros hat sich nach seinem Tode eine Tradition gebildet, welche mit den Thatsachen zum Theil im Widerspruch steht. Diese Tradition hatte zur Grundlage die eigenen Aeusserungen Petrarcas; durch sie wusste man sowohl, dass er Briefe Ciceros gefunden, als auch dass er sie abgeschrieben; da er indess die Briefsammlungen, die er gefunden, nicht ausdrücklich bezeichnete, sondern nur im allgemeinen von Briefen sprach, so kam man zu der Meinung, er habe sie alle gefunden und alle abge- schrieben; es fanden sich auch zwei Abschriften von Ciceros Briefen, in denen man Petrarcas Hand zu erkennen glaubte. Als obendrein eine Prüfung der Schrift die Meinung bestätigte, die man von diesen Handschriften hatte, wurde an ihrem Ursprung nicht mehr gezweifelt, und in Bandinis Katalog der Laurentiaua sind sie aufgenommen unter der Bezeichnung^ M. T. Ciceronis epistolae familiäres, resp. ad Atticum manu Franc. Petrarcae exaratae. Die Tradition, welche Petrarca sämmtliche Briefe Ciceros finden lässt, hat denn auch alle beherrscht, welche es bisher versucht haben, den Thatsachen auf den Grund zu kommen. Der erste und eingehendste Versuch ist von Laurentius Mehus gemacht; er hat diese Frage im Zusammenhang mit den übrigen literarischen Entdeckungen der Renaissancezeit im Leben des Ambrosius Traversari behandelt, welches er dessen Briefen vorausgeschickt hat. Auf Grund eines ziemlich umfangreichen Materials, welches seitdem nicht wesentlich vermehrt worden ist, kommt er zu dem Schluss, dass Petrarca unzweifelhaft die Briefe ad familiäres, und zwar in Verona, nicht in Vercelli zu einer Zeit gefunden habe, die sich nicht mehr ermitteln lasse; aber auch die Auffindung der Briefe an Atticus durch Petrarca hält er für sicher, obgleich er sich weder über Zeit noch Ort dieses Fundes äussert; wahrscheinlich hat er gemeint, dass Petrarca beide Briefsammlungen zusammen in Verona gefunden. Auch über die angeblich Petrarcaschen Abschriften der Briefe, sowie den Originalcodex der Briefe ad familiäres, aus dem die bezügliche Abschrift stammt, hat Mehus das ihm bekannt gewordene Material mitgetheilt. Seine Aus- führungen sind wörtlich in die bezüglichen Abschnitte von Bandinis Katalog übergegangen und haben durch dieses Werk eine grössere Publicität erlangt- Neues findet mam bei Bandini nicht. Nach ihm ist erst Orelli wieder auf diese Frage in der Historia critica Epistolarum Ciceronis zurückgekommen, ohne indess aus dem Material, welches er beigebracht, der Unter- suchung neue Momente zuzuführen; er reproducirt nur, was er bei Bandini gefunden. Aus Bandini hatte auch Haupt seine Kenntniss von dem Stande dieser Frage geschöpft, als er den Brief des Coluccio publicirte; untersucht hat er sie selbst nicht; er acceptirte die Voraussetzungen, die er bei Bandini fand, und kam in Folge dessen zu falschen Schlüssen. Haupts Irrthümer hat Hofmann stillschweigend berichtigt in dem ersten Abschnitt seiner \i^r r'->'- M*. ■ -' tT **''• .V 1 -». Schrift: Der kritische Apparat zu Ciceros Briefen an Atticus. Berlin, 1863. Durch diese Schrift hat die Frage bisher die meiste Förderung erfahren. Hofmann hat nämlich durch eine genauere Prüfung des von Orelli vorgelegten Materials festgestellt, dass Petrarca im Jahre 1345 in Verona nur die Briefe an Brutus, Quintus Cicero und Atticus, die bekanntlich in einer Hand- schrift vereinigt sind, gefunden hat; die Briefe ad familiäres lässt er ihn später in Vercelli finden. Die Petrarcakenner, wie G. Voigt, L. Geiger, G. Körting, welche sich beiläufig über diese Frage äussern, folgen mehr oder weniger der Tradition. Die bisherigen Untersuchungen haben das gemein, dass sie diejenige Quelle, die am besten Auskimft geben konnte und am ehesten befragt werden musste, nicht ausreichend benutzt haben, nämlich Petrarcas eigene Schriften; sie bieten genügendes Material, um uns ein sicheres Urtheil in dieser Frage gewinnen zu lassen. Eine Prüfung dieses gesammten Materials erweist zur Evidenz, dass Petrarca im Jahre 1345 in Verona überhaupt nur die Briefe an M. Brutus, Quintus Cicero, Octaviau und Atticus gefunden, dass er dagegen von der Existenz der Briefe ad familiäres überhaupt gar nichts ge- wusst hat. Demgemäss kann auch die Abschrift dieser Briefe, welche als ein Autographon Pe- trarcas gilt, nicht von seiner Hand herrühren. Diese Erkenntniss zwang, auch die andere angeblich Petrarcasche Abschrift, welche die Briefe an Atticus enthält, auf ihren Ursprung hin zu prüfen; die Prüfung ergab dcis gleiche Resultat, dass auch diese Abschrift fälschlich auf Petrarca zurückgeführt wird. Wenn nicht alle Zeichen trügen, sind beide Abschriften diejenigen, welche der niciilän- dische Kanzler Pasquino für den florentinischen Staatskanzler Coluccio hat anfertigen lassen. In der nachfolgenden Abhandlung lege ich die Acten vor. £"< ■•>. -.■■ ■•^ ■' •■. . ...-/■ .i-.l;-wt.,^..;l-»i^: ; .. Franciacufl Petrarca M. Tullio Oiceroni S. F. D. E4>istoIas tuas diu multumque perquisitas atque ubi minime rebar inventas, avidissime perlegi: audivi multa te dicentem, multa deplorantem, multa variantem, M. Tulli, et qui iam pridem qualis praec^tor aliis faisses noveram, nunc tandem quis tu tibi esses agnovi. Unum hoc vicissim a vera caritate profectum non iam consilium, sed lamentum audi, ubicunque es, quod unus posterorum tui nominis amantissimus non sine lacrimis fundit. O inquiete semper et anxie, vel ut verba tua recognoscas, o praeceps et calamitose senex, quid tibi tot contentionibus et prorsum nihil profuturis simultatibus voluisti? Ubi et aetati et professioni et fortunae tuae conveniens otium reliquisti? Quis te falsus gloriae splendor senem adolescentium bellis implicuit, et per omnes iactatum casus ad indignam philosopho mortem rapuit? Heu! et fratemi consilii immemor, et tuorum tot salubrium praeceptorum, ceu noctumus viator lumen in tenebris gestans, ostendisti secuturis callem, in quo ipse satis miserabiliter lapsus es. Omitto Dionysium, omitto fratrem tuum ac nepotem, omitto, si placet,. ipsum etiam Dolabellam, quos nunc laudibus ad caelum effers, nunc repentinis maledictis laceras. Fuerint haec tolerabilia fortassis. Julium quoque Caesarem praetervehor, cuius spectata dementia ipsum lacessentibus portus erat. Magnum prae- terea Pompeium sileo, cum quo iure quodam familiaritatis quidlibet posse videbare. Sed quis te fiiror in Antonium impegit? Amor credo Rei p., quam funditus iam comiisse fatebaris. Quod si pura fides, si libertas te trahebat (quod quidem de tanto viro licet opinari), quid tibi tam familiäre cum Augusto? Quid enim Bruto tuo responsurus es? Si quidem (inquit) Octavius tibi placet, non Dominum fugisse sed amiciorem dominum quaesisse videberis. Hoc restabat infelix, et hoc erat extremum Cicero, ut huic ipsi tam laudato malediceres, quod tibi non dicam malefaceret, sed maleficientibus non obstaret. Doleo vicem tuam amice, et errorum pudet ac miseret tantorum: iamque cum eodem Bruto iis artibus nihil tribuo quibus te instructissimum fuisse scio. Nimirum quid iuvat alios docere, quid omatissimis verbis semper de virtutibus loqui prodest, si te interim ipse non audias? Ah! quanto satius fuerat philosopho praesertim in tran- quillo rure senuisse, de perpetua illa, ut ipse quodam loco ais, non de hac iam exigua vita cogitantem, nullos habuisse fasces, nullis triumphis inhiasse, nullos inflasse tibi animum Catilinas. Sed de hoc quidem frustra. Aetemum vale, mi Cicero. Apud superos, ad dexteram Athesis ripam, in civitate Transpadanae Italiae Verona. XVI. Kalendas Quintiles, anno ab ortu Dei illius, quem tu non noveras 1345. ?^»->*f»'V ■ -i-nv-^ A■v^■-/»•• .'■ ■ n . ■ -• ■■..'■' 8 -^' ■■*■■'!'.• . ' Man sieht, der Eindruck, den Petrarca durch die Leetüre der neu entdeckten Briefe von dem Charakter Ciceros gewonnen, ist der der Enttäuschung. Er hat ihn viel reden und viel klagen gehört, viel schwanken gesehen und die Wahrnehmung gemacht, dass er nicht die Kraft besessen, die Lehren, die er Anderen gab, zur Richtschnur für sein eignes Leben zu nehmen. Der vordem so bewunderte Maim gleicht ihm nunmehr einem Wanderer, der in dunkler Nacht mit der Fackel Anderen den Weg erheilen will, selbst aber auf demselben elendiglich strauchelt Aber Petrarca freut sich dieser Schwächen nicht; dazu hat er, um ein treffendes Wort von Jacob Burckhardt zu gebrauchen, zu viel Respect vor ihm, sondern er bekl^t es, dass ihn seine Leidenschaftlichkeit um alle Ruhe des Lebens gebracht und schliesslich in einen Tod gerissen, der eines Philosophen unwürdig ist. Ach, wie viel besser wäre es gewesen, wenn Du lieber in -der Ruhe und Stille des Landlebens gealtert wärest, über jenes ewige, nicht dieses kurze Leben nachdenkend, wenn Du keine Fasces geführt, keine Triumphe begehrt hättest, wenn kein Catilina Dir die Brust geschweift! Zur Beurtheilung von Veranlassung, Form und Tendenz dieses Schreibens dienen zwei andere Aeusserungen Petrarcas; die eine steht in der Vorrede zu den Freundesbriefen p. 24. Da heisst es ungefähr so: In den Widerwärtigkeiten des Lebens benimmt sich Cicero so un- männlich (molliter), dass ich bei aller Freude an dem Stil oft durch seine Gedanken verletzt werd?. Dazu nehme man noch seine litigiosas epistolas, seine Schmähungen und Vorwürfe gegen die hervorragendsten Männer, die er kurz vorher noch so sehr gelobt: von ihrer Leetüre gleichmässig bezaubert wie verletzt, habe ich mich nicht enthalten können, ihm bei der Ver- traulichkeit unseres gegenseitigen Verhältnisses unter dem Eindruck des Zornes wie einem zeit- genössischen Freunde, der Zeiten gleichsam vergessend, zu schreiben und ihm vorzuhalten, was mich verletzt"; und dies war mir der Anfang, dass ich später ähnliche Briefe auch an Seneca, Varro u. A. richtete. Die andere Aeusserung steht in dem zweiten Brief des XXIV. Buches. Wir werden in eine Gesellschaft zu Vicenza geführt, in der sich die Notabilitäten der Stadt um Petrarca zusammengefunden. Das Gespräch kommt auf Cicero. Alle waren seines Lobes voll. „Aber da es nun einmal nichts Vollkommenes auf Erden giebt, und kein Mensch ist, an dem nicht selbst bescheidener Tadel mit Recht etwas auszusetzen fände, so erwähnte ich bei aller Liebe, Verehrung und Bewunderung, die ich für sein Talent wie seine Beredtsamkeit empfinde, den Mangel an Charakter (morum levitas) und seinen vielfach von mir wahrgenommenen Wankel- muth. Als ich alle Anwesenden, insbesondere einen würdigen Greis, von dem Ueberraschenden dieses Urtheils höchlichst betroffen sah, schien es mir nothwendig, die Sammlung meiner Briefe aus ihrem Kästchen vorzuholen. Es befinden sich nämlich unter den vielen Briefen, die ich an meine Zeitgenossen gerichtet, auch einige wenige an berühmte Männer der Vorzeit, die ich der Abwechslung wegen und zur Erholung von anstrengenden Arbeiten geschrieben, darunter zwei an Cicero; der eine tadelt seinen Charakter, der andere lobt sein Talent. Diese Briefe wurden nunmehr verlesen; an ihnen entzündete sich eine heisse Debatte, in der besonders jener Greis mit jugendlichem Feuer für Cicero eintrat." Das Resultat war das gewöhnliche solcher Debatten: Jeder blieb bei seiner Meinung; Petrarca freute sich, in jenem Greis einen Mann gefunden zu haben, der Cicero noch mehr liebte als er selbst. Gegen den Schluss des Briefes erwähnt er dann noch seinen Brief an Seneca und sagt: „Ich habe mit diesen grossen Geistern meine Kurzweil gehabt (lusi); vielleicht war dies verwegen, aber ich that es mit Liebe und .J- u ;^c:^.:-f^-^^-f^::ri|:.*^ -►t. r^ *,>-,•;-■ -■ ■■■",■ 'J^';'; C^','-, r^-ii:-- \"'~i.,. 9 '-■'■.'■" schmerzlicher Theihiahme für ihr Schicksal. Vieles erfreute mich an ihnen, Weniges störte mich; über dieses Wenige fühlte ich den Drang, mich zu äussern, den ich heute vielleicht nicht mehr haben würde. Denn es ist lange her, dass ich jenen Brief geschrieben. Auch heute noch beklage ich das Schicksal dieser Männer, aber meine Vorwürfe bleiben dieselben. Ich kenne Cicero als emen wachsamen, trefflichen und dem Staat erspriesslichen Consul und als einen unter allen Umständen höchst patriotischen Bürger. Aber nicht loben kann ich seinen Wankel- muth, und dass er aus nichtigen Gründen sich schwere, ihm selbst verderbliche und Niemand nützliche Feindschaften zugezogen, dass er, wenn es galt, seine persönliche Sache von der des Staates zu imterscheiden, nicht die sonstige Schärfe seines Urtheils bewiesen, und schliesslich, dass ein Philosoph in seinen Jahren diese jugendliche Streitsucht gehabt; über alles dieses kann billig nur der urtheilen, der alle Briefe Ciceros, von denen dieser Streit seinen Ausgang nimmt, nicht im Fluge durchgelesen hat." Nimmt man diese drei Stellen zusammen, so kann mem darüber gar nicht im Zweifel sein, dass unser Brief an Cicero unter dem frischen Eindruck der ersten Leetüre geschrieben ist. Petrarca hat die Briefe gelesen, als er sie gefunden (epistolas tuas inventas avidissime perlegi), und von der Leetüre gleichmässig bezaubert wie verletzt, hat er sich nicht enthalten können, imter dem Eindruck des Zornes diesen Brief an Cicero zu schreiben und ihm vorzuhalten, was ihn verletzt (quibus legendis delenitus pariter et offensus temperare mihi non potui, quominus ira dictante . . scriberem et quibus in eo dictis offenderer admonerem). Es ist daher eine ganz selbstverständliche Folgerung, dass wir in dem unterzeichneten Datum des 1 6. Juni 1345 diejenige Zeit zu sehen haben, zu der die Leetüre beendigt war. Nun wissen wir, dass Petrarca seit dem December 1343 in Parma war und im folgenden Jahre die Einschliessung der Stadt durch ein mailändisches Heer erlebte. Um sich den Beschwerden und Gefahren der Einschliessung zu ent- ziehen, erspähte er eine Gelegenheit, aus der Stadt zu entkommen und nach Avignon zurück- zukehren. Es gelang ihm am 23. Februar 1345, aus der Stadt zu entweichen; unter mannig- fachen Gefahren kam er über^Scandianum und Modena am 25. Februar nach Bologna, von wo aus er seine Erlebnisse an Barbatus von Sulmo in einem uns noch erhaltenen Briefe meldete.*) Wann Petrarca von da nach Verona gekommen, wissen wir nicht; überhaupt haben wir bis zum 16. Juni 1345 keine nachweisbaren Daten in Petrarcas Schriften; nur so viel kann man «dso mit Sicherheit behaupten, dass der Fund nach dem 25. Februar und vor dem 16. Juni 1345 gethcm sein muss. Doch ich muss hierbei einer Thatsache Erwähnung thun, welche gegen die Richtigkeit des obigen Schlusses, dass die jenem Brief an Cicero beigeschriebene Jahreszahl als das Datum der Auffindung anzusehen ist, zunächst Bedenken erregen könnte. Es finden sich nämlich in einigen Briefen, deren Abfassungszeit von Fracassetti vor 1345 angesetzt ist, Citate aus den Briefen an Quintus und Atticus. . Es sind zunächst I, 1. 4. V, 2. Davon erledigt sich I, 4 dadurch, dass das darin enthaltene Citat: scribequidquid in buccam venerit gar nicht direct den Briefen an Atticus entnommen zu sein braucht, sondern aus Seneca stammen kann, der es ep. 118, 1 anführt, um daran die Bemerkung zu knüpfen, dass er seine Briefe nie mit solchen Lappalien füllen würde, wie dies Cicero gethan. Petrarca hat diese Stelle ohne Zweifel gekamit; er wusste ja, wie wir oben aus seinen eigenen Worten ersehen, von der Existenz der Briefe an *) V, 10, Ihm sind die obigen Notizen entnommen. •-■■'■--■■ ' .-.^r lO Atticus durch Seneca. — Bnet 1, i, der ein längeres Citat aus einem Briefe an Quintus enthält, ist von Fracassetti vor 1326, von Körting in das Jahr 1325 gesetzt; V, 2 endlich, wo sich ein Citat aus den Briefen an Atticus findet, ist datirt Rom, 7. October 1343. Angenommen, diese Datirungen seien richtig, so bemerke ich, dass die Briefe Petrarcas bei der 1359 be- gonnenen und 1365 endgiltig geschlossenen Redaction durchaus nicht mehr diejenige Fassung hatten oder behielten, die sie bei ihrer Absendung an den Adressaten gehabt hatten. Man vergesse nicht, dass Petrarcas Briefe nicht Briefe sind im Stile Ciceros, sondern im Stile Senecas; es sind nicht vertrauliche Mittheilungen des Freundes an den Freund, wie . _ sie der Augenblick eingiebt; es sind zum grössten Theil sehr fein und sauber aus- ' gearbeitete Studien; in ihnen legte er Gedanken und Einfälle, die iHn beschäftigten, in einer ebenso populären wie bequemen Form nieder. Die Briefform ist nur das Gefäss, in das Petrarca seine Gedanken giesst; der Adressat ist oft aller individuellen Beziehungen entkleidet; er ist nur Publicum, zu dem der Briefsteller spricht.*) Durch diesen Charakter seiner Briefe, nicht bloss - durch die Absicht einer dereinstigen Herausgabe, die Petrarca selbst übrigens in Abrede stellt r (s. praef. p. 20), erklärt es sich, dass Petrarca sich Abschriften seiner Briefe behielt; er wollte ■ übersehen können, was und wie er geschrieben. Es ist daher mehr als wahrscheinlich, dass er an seinen Briefen auch nach der Absendung immer weiter gefeilt haben wird, bis er den treffendsten Ausdruck für seine Gedanken gefunden. Ausser Zweifel aber steht es, dass er bei . der Redaction manche Aenderungen vorgenommen hat. „Da es mir, so heisst es in der Vorrede p. 20, nie in den Sinn gekommen war, diese Briefe zu einer Scmimiung zu vereinigen, so nahm ich keinen Anstand, das, was ich in einem Briefe schon gesagt, in einem andern zu wiederholen '■ und so mein Eigenthumsrecht zu gebrauchen. Als ich dann aber alle Briefe zusammen sah, - fand sich, dass ein Wort, was in einem Briefe sich gut ausnahm und dem Leser gefiel, bei der öfteren "Wiederholung durch das ganze Werk sich übel ausnahm und missfallen musste. So konnte ich es denn nur in einem Briefe belassen, aus den anderen musste ich es beseitigen. Indess auch von den vertraulichen Mittheilungen persönlicher Art (de familiaribus curis), die zur '' Zeit, wo sie geschrieben wurden, Interesse hatten, habe ich vieles gestrichen, weil es selbst für einen sehr eifrigen Leser langweilig sein musste." Es liegt auf der Hand, dass es bei solchen Veränderungen des Textes nicht immer mit dem einfachen Ausstreichen gethan ist; der durch die Entfernung von ganzen Stellen gestörte Zusammenhang musste hergestellt werden, und so ist denn gewiss oft genug eine Umarbeitung erfolgt, welche von dem früheren Text nicht viel übrig gelassen haben wird. Auch ohne diese beiden Veranlassungen wird er gewiss manche Stelle, weil sie seinem späteren Urtheil nicht mehr gefiel, durch eine gelungenere ersetzt haben. Bei solchen Gelegenheiten haben denn auch die *) Ein grosser Theil der Briefe Petrarcas hat lediglich den Charakter von Abhandlungen und ihre Adressen muss man in vielen Fällen aus dem Gesichtspunkte einer Zueignung ansehen. Petrarca fatd auf diese Weise Gelegen- heit, einer Menge von Personen Aufmerksamkeiten zu erweisen; denn es wurde als eine hohe Ehre angesehen, einen Platz in seinen Briefen zu erhalten. Charakteristisch hierfür ist namentlich der Brief an Guido von Genua (XIX, 8). Die Situationen sind in solchen Fällen fingirt und der grösseren Anschaulichkeit wegen von Petrarca mit einigem localen Beiwerk versehen worden. Auch die am Schlüsse vorkommenden Orts- und Zeitangaben sind nach meiner Ansicht oft nur erfunden, wie sich dies z. B. an dem ersten, an Thomas von Messina gerichteten Briefe (I, 1) klar nachweisen lässt. Jedenfalls müssen die Briefe von diesem Gesichtspunkte aus einer genaueren Prüfung unterworfen werden, welche ich mir für eine spätere Gelegenheit vorbehalte. f^ -■ ?t^.-""^^ > -?:^iV 11 Citate aus Ciceros Briefen ihren Platz gefunden; als die klassischen Muster einer Literaturgattung, die Petrarca selbst sehr cultivirte, waren ihm diese Briefe Gegenstand eifrigen Studiums, und die Reminiscenzen boten sich ihm leicht dar. Es finden sich auch noch Citate aus den Briefen an Atticus in vier anderen Briefen, die von Fracassetti nicht datirt sind: III, 18. 20. IV, 14 u. 15. Nach der Stellung, die sie in Petrarcas Briefsammlung einnehmen — sie stehen vor Briefen, die ins Jahr 1343 zu setzen sind — müsste man glauben, dass sie vor 1343 verfasst sind. Denn Petrarca hat im Grossen und Ganzen die Briefe nach der Zeitfolge der Abfassung geordnet.*) Indess ist der Platz, der ihnen aii- gewiesen, noch kein untrüglicher Massstab [für die Abfassungszeit. Denn da Petrarca fast nie ein Jahresdatum seinen Briefen beigeschrieben, so war es für ihn selbst in vielen Fällen, ins- besondere bei Briefen aus sehr viel früherer Zeit, gar nicht mehr möglich, das Datum mit Sicher- heit zu bestimmen. Wie sollte er, als er 1359 die Briefe zur Herausgabe ordnete und sichtete, sich genau erinnern, ob dieser oder jener Briet vor 10, 15 oder 20 Jahren geschrieben war, wenn er nicht gerade auf Ereignisse Bezug nahm, deren Datum sich ihm fest eingeprägt hatte? Wenn also Briefe Petrarcas aus früherer Zeit keine besonderen Merkmale der Abfassungszeit haben, und Gründe vorliegen, ein anderes Datum anzunehmen als dasjenige, welches ihr Platz in der Reihenfolge der übrigen datirbaren ihnen anweist, so muss man unbedenklich jenen anderen Gründen den Vorzug einräumen. Ich würde also, wenn nicht andere Gründe dcigegen sprechen, was ich nicht genau ermitteln kann, weil mir nicht das nöthige Material zu Gebote steht, unsere Briefe gerade wegen dieser Citate nach 1345 datiren; sollte dies indess nicht erlaubt sein, so hindert uns nichts, auch diese Citate auf eine nachträgliche Aenderung zurückzuführen.**) Somit kann das aus diesen Citaten hergeleitete Argument unsern wohlbegründeten Schluss, dass die dem Briefe an Cicero beigeschriebene Jahreszahl als das Datum der Auffindung anzu« sehen ist, in keiner Weise erschüttern. Nicht mit der gleichen Sicherheit wie auf die Zeit des Fundes liesse sich aus der Unter- schrift auf den Ort des Fundes schliessen, denn Petrarca könnte ja seine Eindrücke in einem andern Orte niedergeschrieben haben, bald nachdem er den Fundort verlassen. Indessen hier erhalten wir eine Bestätigung von andrer Seite durch den florentinischen Staatskanzler Coluccio, der in einem weiter unten angeführten Briefe den mailändischen Kanzler Pasquino bittet, von dem der Kirche zu Verona gehörigen Codex Ciceronischer Briefe, aus welchem er Excerpte von Petrarcas Hand schon besitze, für ihn eine Abschrift anfertigen zu lassen. Ueber die Stelle, wo Petrarca die Handschrift fand, erfahren wir nichts Näheres; nur so viel lässt sich aus Petrarcas Worten (ubi minime rebar inventas) entnehmen, dass er sie nicht da gefunden, wo man Bücher vermuthet, also nicht in der Bibhothek, sondern irgendwo anders. Die Handschrift enthielt das erste Buch der Briefe an Brutus, die Briefe an Quintus, den Brief an Octavian und die Briefe an Atticus. Wir ersehen dies theils indirect aus der obigen Stelle von Petrarcas Vorrede und den Citaten Ciceronischer Briefe, die sich in Petrarcas Schriften finden, theils direct durch die uns erhaltene Abschrift des Veroneser Codex. *) Er sagt ep. XXIV, 13 von der Anordnung: non rerum, sed temporum rationem habui. praeter has enim ultimas veteribus inscriptas illustribus viris .... ac praeter primam, quae .... locum praefationis obtinuit, caetera paene omnia quo inciderant scripta sunt ordine. **) Fracassetti nimmt für III, l8 auch ein späteres Datum an als dasjenige, was durch den Platz angedeutet wiid. t;^>:V^^ Vy i ;,^f^ v^-^ <•- • Uehrigens ist aus dem Brief Petrarcas an Cicero ganz allein schon die Benutzung der drei Briefsammlungen nachzuweisen, welche in dem Veroneser Codex gestanden haben. Da Hofniann p. 2 seiner Schrift diesen Nachweis für die Briefe an Brutus, Atticus und Octavian bereits geführt hat, so verweise ich auf seine Ausführungen darüber und beschränke mich hier darauf, das nachzutragen, was Hofmann entgangen ist. Auch die Benutzung der Briefe an Quintus ist erkennbeu" aus den Worten fraterni consilii immemor; sie beziehen sich auf ad Quint. I, 1, 13, wo Marcus dem Quintus in ebenso dringenden wie schonenden Worten den Rath giebt, sich doch ja nicht von der Leidenschaftlichkeit fortreissen zu lassen, ein Rath, dem Marcus, wie Petrarca findet, lür sein eigenes Leben keine Folge gegeben. Cicero selbst nennt c. 14 diesen seinen Rath: fraternae preces. Die Zahl der wörtlichen Citale aus den Briefen Ciceros in dem vorstehenden ist aber doppelt so gross, wie Hofmann gemeint hat. Denn in dem Satz: o inquiete semper et anxie, vel ut verba tua recognoscas, o praeceps et calamitose senex, sind nicht nur die Worte o praeceps et calamitose senex auf eine Reminiscenz aus der Ep. cd Octav. § 6 zurückzuführen, sondern auch die unmittelbar vorhergehenden Worte ut verba tua re- cognoscas sind gleichfalls ein Citat aus dem Brief an Brutus I, 16, l; es heisst daselbst: verba tua recognosce; ausserdem ist der Satz: iamque cum eodem Bruto iis artibus nihil tri- buo, quibus te instructissimum fuisse scio dem Brief des Brutus an Atticus I, 17, 5 ent- nommen; es heisst da: ego vero iam iis artibus nihil tribuo, quibus Ciceronem scio instructissimum esse; endlich sind in dem letzten Satze die Worte: de perpetua illa, ut ipse quodam loco ais, non de hac iam exigua vita cogitantem ein Citat aus einem Brief an Atticus X, 8, 8: quamquam tenipus est nos de illa perpetua iam, non de hac exigua vita cogitare. Auch das si te interim ipse non audias verdankt seine Form wohl eben- falls einer Reminiscenz aus dem Brief an Brutus I, 16, 6: si me au dies. So hat denn Petrarca sein Urtheil über Cicero zum Theil mit dessen eigenen Worten motivirt. Es ist nicht uninteressant, an den Citaten zu verfolgen, wie mannigfach Petrarca die Briefe Ciceros für seine Zwecke verwerthet hat. Da indess eine genauere Darlegung wegen ihres grossen Umfangs den Gang der Untersuchung zu sehr unterbrechen würde, so habe ich es für angemessener gehalten, diese Citate im Anhange besonders zu behandeln. Ich komme nunmehr zur zweiten Stelle, aus der wir erfahren, dass Petrarca sich den Veroneser Codex eigenhändig abgeschrieben hat. Sie steht in einem 1358 oder 1359 verfassten und an Nerius Morandus gerichteten Briefe XXI, 10 und lautet so: Est mihi volumen epistolarum eins (sc. Ciceronis) ingens, quod ipse olim manu propria, quia exemplar scriptoribus impervium erat, scripsi, adversa tunc valetudine, sed corporis incommodum et laborem operis magnus amor et delectatio et habendi cupiditas vincebant. Im weiteren Verlaut erzählt er dann, wie dieser Band, der in seiner Bibliothek ganz nahe der Thür aufgestellt war, ihm bei seinem Eintritt in das Zimmer wieder- holt auf den Fuss fiel und dadurch allmälich eine förmliche Wunde verursachte, für deren Heilung er ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen musste. Die launige Erzählung schliesst mit den Worten: „So hat mir mein geliebter Cicero, wie einst das Herz, so jetzt den Fuss verwundet." Mit der Herzenswunde spielt er auf den Eindruck an, den die erste Leetüre der Briefe (das ist dies olim) auf ihn gemacht. Die Abschrift hat Petrarca unzweifelhaft gleich nach dem Funde genommen; es ist zu natürlich, dass er den gefundenen Schatz auch gleich besitzen wollte. Die cupiditas habendi und die Freude liessen ihn sein körperliches Ungemach — vielleicht war sein Arm noch nicht geheilt. den er sich auf der Flucht von Parma in Folge eines Sturzes mit dem Pferde verletzt hatte — sowie die Mühseligkeit der Arbeit vergessen. • • . ^WSsi- >:, v>^,.^ # pjg Abschrift füllte ein volumen ingens aus. Combinirt man damit die Thatsache, dass - * sich in Petrarcas Schriften aus allen drei Briefsammlungen wörtliche, zum Theil längere Citate / finden, welche sich bis ins XIV. Buch der Atticusbriefe erstrecken, so ist der Schluss berechtigt, " dass Petrarca sich die ganze Handschrift abgeschrieben. Eine mühselige Arbeit! Aber er konnte sich ihr nicht entziehen, wenn er die Briefe besitzen wollte. Abschreibern war die Handschrift unzugänglich.*) Soweit Petrarcas Aeusserungen über Ciceros Briefe bis zum Jahre 1 359. Sie gestatten, wie wir gesehen haben, nur die eine Beziehung auf die Briefsammlungen der Veroneser Hand- schrift ) 3. Wenn nun Petrarca, wie behauptet wird, später auch noch die Briefe ad familiäres gefunden hätte, so müsste sich in seinen nach 1359 verfassten Schriften irgend eine Spur davon nachweisen lassen. Ein so mittheilsamer Mann wie Petrarca hätte ein solches Ereigniss, welches in seinen Augen ein ganz ausserordentlicher Glücksfall sein musste, nimmermehr verschwiegen, sondern er hätte Gelegenheit gesucht wie gefunden, diesen Glücksfall der Welt mitzutheilen, gerade wie er es bezüglich des ersten Fundes gethan. Die Ueberzeugimg, dass ein solches Schweigen bei Petrarca eine unmögliche Annahme ist, hat denn auch die ebenso unmögliche Annahme hervorgerufen, die epistolae ad familiäres seien in dem Veroneser Codex mit ent- hcdten gewesen und auf sie sei der Anfang jenes Briefes an Cicero (Epistolas tuas . . . inventas avidissime perleg i) mitzubeziehen. So meinte u. A. auch Fracassetti. Andere wieder meinen unter Bezugnahme auf die gleich zu erwähnende Nachricht des Blondus, der Brief, in dem sich Petrarca seines Fundes rühme, sei entweder verloren gegangen oder noch irgend wo in irgend einer Bibliothek vergraben. So Haupt, Hofraann und Hortis. Die Möglichkeit eines so sonder- baren Zufalles zugegeben, behaupte ich, dass die ausserordentliche Bereicherung, welche Petrarcas Kenntniss der Personen und Zustände in Ciceros Zeitalter durch diese Briefsammlung hätte er- fahren müssen, die mannigfaltigsten Spuren zurückgelassen haben würde. Man erinnere sich nur,, welchen Eindruck die Kenntniss jener drei Briefsammlungen auf Petrarca gemacht, wie tief ihn die Erkenntniss der Schwächen des grossen Redners innerlich bewegt, wie unzertrennlich die Erinnerung an das freudige Ereigniss des Fundes bei ihm verbunden war mit der Erinnerung *) Da man Petrarca so viel Geduld zugetraut hat, dass man ihn auch noch die Briefe ad familiäres hat abschreiben lassen, so will ich hierbei an eine Aeusserung erinnern, die er 1353 in einem Briefe an Lapo da Casti- glionchio gethan hat, XVIII, 12. Er begleitet die Rücksendurg der Rede türPlancius, die er sich zum Abschreiben geliehen, mit einem Briefe, in dem er sich für sein Säumen — er hatte sie über 4 Jahre behalten — damit ent- schuldigt, dass er keine des Inhalts kundige Schreiber hätte finden können und so gezwungen gewesen wäre, die Abschrift selbst zu nehmen. Bei dieser Arbeit sei ihm oft die Hand erlahmt — die Rede hat nicht den zehnten Theil des Umfangs der Briefe ad familiäres — und er habe seinen Entschluss schon bereut; da sei er beim Ab- schreiben auf eine Stelle gestossen, aus der er erfahren, dass Cicero selbst einmal sich die Reden des Cassius ab- geschrieben; das habe seine Energie so gestachelt, dass er rem suapte natura taediosissimam, scribere wieder aufgenommen; aber das müsse er sagen, wäre es nicht eben Cicero gewesen, er hätte es nimmer gethan; bei seinen vielen wissenschaftlichen Aufgaben, zu denen selbst ein langes Leben zu kurz sei, habe er keine Zeit, sich auch. noch fremde Werke abzuschreiben. „Ich that so etwas, so schliesst er, wohl ehemals, als ich noch mehr Zeit zu haben glaubte; doch jetzt ist sie mir zu knapp gewerden, ich muss mit ihr nun sparsam umgehen; wenn es nur nicht schon zu spät dazu wäre!" . . . . -- '' --'-^ • ■ ■• ■ • u -■'■■■ ■:■ - , . .■ .. ^-<. ,,•-'*■ -: •-.,..,.-■ ' " ■ ^ ■•.•■,■■ >; ;<••, •■•;.•. ; - . ■\.' V , an die damals erfahrene Enttäuschung; und man will es für glaublich halten, dass er völlig stumm geblieben wäre gegenüber jener Mannigialtigkeit, die ihm dieepistolae ad familiäres darboten? Petrarca hätte hier Cicero in seinen Beziehungen zu den ersten Männern der Zeit kennen gelernt; er hätte Briefe von Männern und an Männer gefunden, für die er sich ausserordentlich interessirte, ich nenne u. A. Cato, Sulpicius, Asinius PoUio und Varro, an welche letztere beide er sogar ähnliche Briefe gerichtet hat, wie früher an Cicero; und er sollte nie auch nur die geringste Andeutung davon in seinen Schriften gegeben haben? Denn in der That, während sich die Kennt - niss jener Briefsammlungen der Veroneser Handschrift auch noch in den mannigfachsten Anspie- lungen \md wörtlichen Citaten documentirt, findet sich auch nicht der leiseste Anklang an irgend ein Wort oder einen Gedanken, der dieser Brietsammlung eigenthümlich ist, auch nicht die ent- fernteste Bezugnahme auf irgend eine Person oder ein Factum, dessen Kenntniss gerade aus dieser Sammlung zu gewinnen wäre. Zur endgiltigen Bestätigung meiner Behauptung führe ich noch zwei Zeugnisse an, welche sich in Schriften aus Petrarcas letzten Lebensjahren finden. Das eine steht in der Apologia contra cuiusdam Anonymi Galli calumnias, welche 1372, also 2 Jahre vor Petrarcas Tode, ver- fasst ist, p. 1195.*) Der Franzose hatte die Inferiorität der Römer gegenüber den Griechen in Hinsicht auf literarische Productionen behauptet und u. A. die Frage aufgeworfen: Hat etwa Cicero Physica geschrieben oder Varro Metaphysica wie Aristoteles? Darauf erwidert Petrarca: Nein, er hat keine Physica geschrieben, aber officia und andere treffliche Bücher, die er alsdann einzeln aufzählt; am Schluss dieser Aufzählung heisst es dann: Non scripsit TuUius Physicam, sed scripsit de essentia mundi (d. i. Timaeus), de natura deorum, de divinatione, de fato, de senectute, de amicitia, de consolatione, de gloria, de Tusculanis quaestionibus, de fine bonorum et malorum, partitionum, topicorum, de oratore, de optimo genere dicendi, de optimo genere oratorum, Rhetoricorum duo volumina, tria autem epistolarum, orationes. innumerzis. Die duo Volumina Rhetoricorum sind die beiden besonderen Schriften über Rhetorik ad Herennium und de inventione, und tria volumina epistolarum sind die drei Briefsammlungen ad M. Brutum, ad Quintum und ad Atticum. Das zweite Zeugniss findet sich in der Schrift: de re publica optime administranda, die nach Fracassetti und Körting den 28. Nov. 1373, also 7 Monate vor Petrarcas Tode abgeschlossen ist, und lautet p. 419 folgendermassen: Sunt eiam et qui indignos laudent, et qui laudatos mira mox animi levitate vituperent, quo nihil inhonestius, nihil est turpius. In quo quidem maxime Ciceronem noto usque adeo, ut quem inter omnes scriptores gentium miror ac diligo, in hoc uno paene oderim, ita ille aliquos, sed in primis Julium Caesarem laudum fasce dicam an praeconio onerat an honorat eundemque post probris ac maledictis insequitur. Lege illius epistolas ad Quintum fratrem, omnia ibi de Caesare honorifice dicuntur atque amice, eiusdem ad Atticum epistolas percurre, prima ibi ambigua, ultima quaeque odiosa videbis et infamia. Lege ipsius orationes, quas vel ad ipsum Caesarem, vel eo praesente ad senatum habuit, tantae ibi Caesareae laudes sunt, ut nee mortali debitae nee a mortali profectae ingenio videantur; sed progredere, lege libros officiorum orationesque Philippicas, invenies nee affectibus odia nee laudibus inferiora convieia, utque sie indigner haee tanta varietas et viventi laus et defuneto vituperatio omnis attribuitur. *) Ueber die Äbfassung-izeit vergl. Körting pag. 388. m Darauf fährt er fort: Habet tarnen sortem suam quo soletur Caesar, unum ex omnibus magnum comitem nepotem filiumque suum adoptivum Caesarem Augustum, qui licet virtute minor bellica, certe imperio maior ftiit, cui immodice laudato Cicero idem in hoc animosior vivo etiam et ad ipsum scribens immodice maledixit. Wir finden hier Petrarca bei seinem uns schon bekannten Vorwurf gegen Cicero wieder, dem Vorwurf der Unbeständigkeit und des Wankelmuths im Verhältniss zu Freunden, besonders zu Cäsar. Zur Motivirung seines Urtheils beruft er sich auf alle diejenigen Schriften Ciceros, aus denen man die verschiedenen Phasen von dessen Verhältniss zu Cäsar ersehen kann, \md zwar zuerst auf die Briefe an Quintus, wo sich nur ehrende Aeusserungen über Cäsar fänden, dann auf die an Atticus, wo die ersten Aeusserungen zweideutig, die letzten gehässig lauteten, demnächst auf die Reden für Ligarius, Deiotanis und Marcellus, die alle massloses Lob Cäsars enthielten, und schliesslich auf die officia und die philippischen Reden, in denen wieder massloser Hass seinen Ausdruck gefunden. Beriefe sich Petrarca hier wie in früheren Fällen bei Gelegen- heit eines ähnlichen Urtheils lediglich auf die Briefe an Quintus und Atticus, so würde sich aus der Nichtanführung der Briefe ad familiäres natürlich kein Argument herleiten lassen, um die Kenntniss derselben bei Petrarca zu leugnen; er beschränkt sich aber nicht auf diese beiden Briefsammlungen, sondern er citirt noch die anderen Schriften Ciceros dazu, und zu welchem Zwecke? Zu keinem andern, als um zu sagen, dies Urtheil gewinne man nicht aus dieser oder jener, sondern aus jeder einzigen Schrift Ciceros, in welcher von seinem Verhältniss zu Cäsar die Rede sei; in denen, die bei Lebzeiten Cäsars verfasst, sei Anerkennung und zum Theil mass- loses Lob, in denen, die nach Cäsars Tode geschrieben, massloser Hass. In diesem Verzeichniss, welches so vollständig ist, wie es Petrarca nur immer geben konnte, — denn die Rede de pro- vinciis consularibus, deren Erwähnung man hier erwarten müsste, weil hier von Ciceros Aus- söhnung mit Cäsar gehandelt wird, sowie einige andere Reden, in denen Cicero gelegentlich des Cäsar in sehr ehrender Weise gedenkt, wie p. Balbo, p. Sestio, in Vatinivim, p. Rabirio, hat Pe- trarca gar nicht gekannt*) — fehlen selbst die officia nicht, obgleich darin nur an ein paar Stellen ganz beiläufig ein Verdict über Cäsar gefällt wird. Dass die Briefe an Brutus nicht er- wähnt sind, ist selbstverständlich; denn in ihnen ist von diesem Verhältniss gar nicht die Rede. Aber wie konnte er die Briefe ad familiäres auslassen, wenn er sie kannte? Aeusserungen der Anerkennung Cäsars finden sich in denselben mehr, als in den Briefen an Quintus und Atticus; es befinden sich in der Sammlung sogar zwei Briefe an Cäsar selbst, die beide das Gepräge der freundschaftlichsten Beziehungen tragen; in einem VII, 5 nennt Cicero den Cäsar seinen alter ego. Ich verweise ferner auf die Briefe an Trebatius, die in derselben Zeit und aus derselben Ge- sinnung gegen Cäsar heraus geschrieben sind wie die Briefe an Quintus. Der Brief an Lentulus I, 9 giebt ja eine ausführliche Darlegung der Genesis seiner Freimdschaft mit Cäsar; man vergleiche ins- besondere § 12 und 18, wo es heisst: sie enim te existimare velim, cum a vobis, meae salutis auctoribus, discesserim, neminem esse, cuius officiis me tam devinctum non solum confitear, sed etiam gaudeam. Auch an den gehässigen Urtheilen nach Cäsars Tode fehlt es nicht. Dies Schweigen Petrarcas ist ein sehr vernehmliches Reden: er hat die fraglichen Briefe eben gar nicht gekannt. *) Uebrigens enthalten diese Reden sämmtlich nur die üblichen conveutionellen HSflichkeiten. .,.v n. Die Naclüicht des Blondus und die beiden angeblich Petrarcaschen ^r , : Abschriften von Ciceros Briefen. v : ^0 i^ '- "•• Da es nach der obigen Darlegung als Thatsache anzusehen ist, dass Petrarca die Briefe ad familiäres gar nicht gekannt hat, so muss sich die Haltlosigkeit derjenigen Argumente, welche der entgegengesetzten Ansicht bisher zur Stütze gedient haben, mit Leichtigkeit erweisen lassen.- Diese Argumente sind eine Notiz des Blondus und die Existenz einer angeblich von Petrarcas Hand gefertigten Abschrift der fraglichen Briefsammlung. 1. Die einzige Nachricht, welche Petrarca als den Finder gerade der Epistolae ad familiäres bezeichnet, findet sich in derltalia illustrata des Flavius Blondus (1388 — 1463), einem Werke, das hundert Jahre nach Petrarcas Tode zum ersten Mal gedruckt worden ist. Blondus kommt in dem Abschnitt über die Romagna bei Gelegenheit der Beschreibung von Ravenna auf die bedeutenden Männer zu sprechen, welche diese Stadt hervorgebracht, darunter auf den berühmten Giovanni, qui Petrarcam senem puer novit. Der grosse Einfluss, den dieser Giovanni auf die Entwickelung des Ciceronianischen Stils in Italien geübt, giebt dem Blondus Anlass zu einer kleinen literarischen Abschweifung, der die nachfolgenden zwei Stellen angehören. Sie lauten (p. 346): Primus vero omnium Franciscus Petrarcha magno vir ingenio maioreque diligentia et poesim et eloquentiam excitare coepit, nee tamen eum attigit Ciceronianae eloquentiae florem, quo niultos in hoc seculo videmus ornatos; in quo quidem nos librorum magis quam ingenii caren- tiam defectumque culpamus; ipse enim etsi epistolas Ciceronis Lentulo inscriptas Vercellis reperisse gloriatus est, tres Ciceronis de oratore et institutionum oratoriarum Quintiliani libros non nisi laceros mutilosque vidit, ad cuius notitiam Oratoris maioris et Bruti de oratoribus claris, item Ciceronis libri nuUatenus pervenerunt. — Darauf erwähnt er, wie Emanuel Chrysoloras die Kenntniss des Griechischen in Italien verbreitet, ut qui Graecas nescirent litteras latinis viderentur ' indoctiores-, et quum magnus bene discendi ardor multos in Itatia apprehendisset, conciliumque apud Constantiam Germaniae ab universo populo christiano haberetur, quaerere ibi et investigare coeperunt ex uostratibus multi, si quos Germaniae loca Constantiae proxima ex deperditis Ro- manorum et Italiae olim libris in monasteriorum latebris occultarent. Quintilianusque integer repertus a Poggio primum transcriptus in Italiam venit, secutaeque sunt incerto nobis datae übertatis patronae*) Ciceronis ad Atticum epistolae. Also: dass es Petrarca im lateinischen Stil nicht zu derjenigen Vollkommenheit gebracht hat, welche in Blondus Zeit erreicht worden ist, daran ist nicht sowohl der Mangel an Talent als der Mangel an Büchern Schuld, aus denen Petrarca sich hätte bilden können; denn wenn- gleich er die Zahl der Ciceronischen Schriften durch Auffindung der epistolae ad Lentulum**) vermehrt hat, so hat er doch die Bücher de oratore und den Quintilian nur verstümmelt und den Orator und Brutus gar nicht gekannt. Aus der zweiten Stelle ist das bemerkenswerth, dass er die Briefe an Atticus zur Zeit des Costnitzer Concils in Deutschland gefunden sein lässt Auf die wunderliche Argumentation in der ersten Stelle will ich nicht weiter eingehen; es *) Mir ist kein anderer Text des Blondus zugänglich gewesen, als der Baseler vom Jahre 1531, ich kann 'f also nicht wissen, wie die letzten Worte eigentlich gelautet haben; so wie sie hier stehen, sind sie von incerto bis \C. patronae sinnlos. ••...•■ 17 ■■•V- genügt für unsern Zweck zu constatiren, dass die Bemerkung über die Auffindung der ep. ad. fam, nicht etwa in einer Geschichte der literarischen Entdeckungen vorkommt, sondern gelegentlich eingeschaltet ist. Eine solche gelegentliche Bemerkung könnte den Anspruch auf Glaubwürdigkeit nur dann er- heben, wenn der Autor derselben sich auch sonst als ein Mann erwiese, der alle seine Angaben nur auf sorgfältige Prüfung seiner Quellen gründete. Dies ist aber bei Blondus in keiner Weise der Fall. Ich will mit dieser Behauptung seinen Verdiensten durchaus nicht zu nahe treten; seine Idee, die gesammten römischen Alterthümer zusammenhängend darzustellen, ist für seine Zeit ausser- ordentlich kühn, und seine Werke zeugen von einem bewundenmgswürdigen Fleisse; aber bei der überwältigenden Fülle des Materials und dem gänzlichen Mangel an Vorarbeiten konnte es nicht fehlen, dass eine Prüfung des Einzelnen unmöglich wurde, und eine Menge Fehler sich em- schlichen. Daher tragen sämmtliche Werke des Blondus deutliche Spuren der Flüchtigkeit.*) Auch unsere beiden oben aus der Italia illustrata mitgetheilten Stellen enthalten noch zwei thatsächlich unrichtige Angaben. Blondus behauptet, Petrarca habe 'den Orator Ciceros nicht gekannt. Das ist unrichtig; Petrarca hat ihn sehr wohl gekannt, er citirt in dem ersten Buch der res memor., cap. 2. Externa: Isocrates p. 455 mehrere Stellen, die orat. c. 52, 175 und 176 stehen.**) Ebenso unmotivirt ist die Behauptung, dass die Briefe an Atticus um die Zeit des Cgstnitzer Concils gefunden und nach Italien gebracht seien. Wir wissen, dass diese lange vor jener Zeit von Petrarca in Verona gefunden sind. Aber diese Behauptung erklärt uns auch, wie Blondus dazu gekommen, den Petrarca als den Entdecker der Epistolae ad familiäres zu bezeichnen. Wenn er nämlich der Meinung war, dass die Briefe an Atticus um die Zeit des Costnitzer Concils in Deutschland gefunden seien, so konnte sie Petrarca nicht gefunden haben. Da er aber von Petrarca wusste, dass auch dieser Briefe Ciceros gefunden, so blieb ihm nur übrig, ihn die Briefe ad familiäres finden zu lassen, was ihm um so leichter war, als der wirk- liche Finder unbekannt geblieben ist, und Petrarca an jener Stelle, wo er seines Fundes Er- wähnung thut, nur von epistolae spricht. Denn sicherlich hat Blondus 1. c. der Italia illustrata keine andere Aeusserung Petrarcas im Sinne gehabt, als den Anfang jenes Briefes an Cicero XXIV, 3: Epistolas tuas diu multumque perquisitas atque ubi minime rebar inventas avidissime perlegi.***) Da aus anderen Quellen bekannt war, dass Vercelli der Fundort der Epistolae ad *) Zur Charakterisirung der Art, wie Blondus seine Quellen las, will ich zwei Stellen anführen. In derselben Italia illustrata erwähnt er in der Beschreibung Umbriens die Stadt Mevania und sagt dabei: fuit id oppidum cive ornatuin Propertio Aurelio, und citirt die darauf bezügli«:he Stelle aus Properz, welche IV, l, 123 steht, und ßhrt dann fort: postquam vero Propertii testimonium de se ipso attulimus, alium Umbriae poetam dare volumus ignotae nobis sicut et ipsi Propertio fuit patriae. Nam in eodem elegiarum IV, l, 63 sie dicit: Ut nostris tumefacta superbiat Umbria libris, Umbria Romani patria Callimachi. Also aus dem römischen Callimachus, wie Properz sich selbst bezeichnet, macht sich Blondus alsbald einen neuen römischen Dichter, Namens Callimachus, dessen Geburtsort in Umbrien ihm freilich unbekannt sein musste. Diesen Schnitzer hat schon Brouckhusius bemerkt. In seiner Roma triumphans III, p. 76 citirt Blondus wiederholt des Quintus Cicero Schrift de petitione consulatus als Brief des Marcus an seinen Bruder Quintus, ein Missverständniss, was einem nur einigermassen aufmerksamen Leser der kleinen Schrift gar nicht begegnen .kann. Uebrigens rügen alle Urtheile, welche Vossius de bist. lat. III, 7 s. v. Blondus aus verschiedenen Schriftstellern ausgezogen hat, die Unzuverlässigkeit des Blondus. **) Ich entnehme diese Notiz der Schrift von Hortis, M. T. Qcerone nelle opere del Petrarca e del Boccaccio Triest 1878, pag. 28. ***) Wahrscheinlich hat Blondus Petrarcas Schriften gar nicht einmal alle gelesen. Wenigstens hätte ihn eine ?^>;.' .' ^v famillares sei, so trug er den Fundort in jene Nachricht von dem Funde mit Hinein und konnte sich leicht einbilden, diese von ihm selbst combinirte Nachricht bei Petrarca gelesen zu haben, wenn er jene Stelle nur aus der Erinnerung, nicht nach einer ihm vorliegenden Abschrift des Briefes citirte. 2. Die letzte Stütze für die Behauptung, Petrarca habe die Briefe ad familiäres gefunden, ist die Existenz einer angeblichen Abschrift derselben von Petrarcas Hand. Dieselbe ist in .Bandinis Catalogus Bd. II. p. 464 als cod. VII. des Pluteus XLIX. bezeichnet. Das Original, aus dem die Abschrift genommen, ist der bekannte codex Mediceus, der bei Bandini 1. c. p. 465 als cod. IX. bezeichnet und beschrieben ist. Diese Abschrift ist schon Politian bekannt gewesen ' und von ihm verglichen worden; dass sie von Petrarcas Hand herrühre, erwähnt er als die Ansicht Einiger, ohne sich dieselbe zu eigen zu machen; er sagt von dem Codex nur: descriptum «icuti quidam putant Francisci Petrarcae manu.*) Mit Bestimmtheit hat erst Petrus Victorius den Petrarcaschen Ursprung dieser wie jener Abschrift der Briefe an Atticus (bei Bandini cod. XVIII. des Pluteus XLIX.) behauptet. Sehen wir, welche Bewandtniss es mit der Prüfung hat, die Victorius angestellt. Die betreffende Stelle steht in der Vorrede zu seiner Ausgabe der Briefe an Atticus, bei Graevius Bd. II. p. 324 abgedruckt. Ich theile sie im Anhcing II. mit. Im Wesentlichen sagt Victorius Folgendes: Nachdem er erwähnt, was Politian von den Schicksalen der Abschrift der Atticusbriefe (cod. XVni.) in seinen Miscell. c. 53 erzählt,**) fügt er hinzu, er wisse von ihr mehr als Politian; Politian habe nur gewusst, dass sie Petrarca gehört; er (Victorius) wisse, dass sie sogar von Petrarca eigenhändig geschrieben sei; aber nicht allein diesen Band habe Petrarca eigenhändig geschrieben, sondern auch jenen andern, der die Briefe ad familiäres enthalte und in der Marcus- bibliothek autbewahrt werde (cod. VII.); von diesem letzteren glaube man, dass es ein Auto- graphon Petrarcas sei; von dem andern, der die Atticusbriefe enthalte, sei es die feststehende Ansicht bei allen Itcilienern. Ein Beweis dafür, dass diese Abschrift Petrarcas Hand aufweise, ist ihm die französische Schrift, welche sich Petrarca bei seinem Icmgen Aufenthalt in Frankreich angewölmt habe; diese französische Schrift hätten französische Studenten, denen Victorius auf ihrer Durchreise nach Rom den Codex gezeigt, erkannt. Jeder Zweifel aber sei ihm benommen einigermassen aufmerksame Lectüre derselben Qberzeugen können, dass Petrarca die Briefe an Atticus gekannt hat. Petrarcas erster Brief an Cicero XXIV, 3 mag ihm durch eigene Lectüre bekannt gewesen sein; es lässt sich denken, dass dieser wegen der grossen Neuheit und Kühnheit des Urtheils über den vielbewunderten Mann eine grössere Publicität erlangt hat als die andern. Aus einem Briefe Leonardi Brunis an Poggio IV, 4 der Ausg. v. Mehus Florentiae 1741 ersehen wir, dass ein Mann in Arezzo im Namen Ciceros eine gereizte Erwiderung auf jenen Brief Petrarcas verfasst hat .... ego nuper Aretii epistolam quandam eiusdem (sc. Ciceronis) reperi quam te nunquam -vidisse certo scio. In ea non sine stomacho Tullius noster Petrarcae respondet. *) Die Stelle steht Miscell. 25 und lautet: Nactus sum Ciceronis epistolarum familiarium voIumen anti- quissimum, de quo etiam supra dixi, tum ex eo ipso alterum descriptum, sicuti quidam putant Francisci Petrarcae manu. Descriptum autem ex ipso iiquet multis argumentis, quae nunc omtserim : sed hie posterior quem dixi codex ita est ab indiligente bibliopola conglutinatus, uti una transposita paginarum decuria contra quam notata sit numeris deprehendatur. Est autem über in publica gentis Medicae bibliotheca. An einer anderen Stelle der Miscell. 18 er- wähnt er diese Abschrift auch, ohne diesen Zusatz, dass sie für ein Apographon Petrarcas angesehen werde; er sagt von ihr nur, dass sie aus jenem Codex IX, abgeschrieben ist. So wenig gab er auf die Tradition. **) Es heisst daselbst: In codice autem, quem fuisse aiunt Francisci Petrarcae primitus, certe Colucd Salutati dein fuit, et post hunc Leonardi Aretini, mox et Donati Acciaiolt, virorum suae culusque aetatis enidi- tissimoruni, sie adhuc exstat. \.v 1 ..' . =; /Jrte :f^^i^^^^:^d^-ii^:.^ ''^' "-■:■ --.'^^^'^ -. -.".f- i;:^'..~i^: durch die Vergleichung der Schrift einiger vermuthlich Petrarcascher Briefe, die der Erzbischof Beccatelli besessen, mit der Schrift in diesem Apographon der Atticusbriefe, die sich als völlig gleich erwiesen. Er erzählt darüber Folgendes: Der Erzbischof Beccatelli besass mehrere Briefe, die er für Petrarcasche Autographa hielt, da sie die Anfangsbuchstaben von Petrarcas Namen: F. P. enthielten. Um die Wahrheit zu ermitteln, fragte derselbe Victorius, ob es richtig sei, dass Ciceros Briefe, von Petrarcas Hand geschrieben, in Florenz vorhanden seien. Victorius er- widerte, dass sämmtliche erhaltene Briefe Ciceros in 2 Bänden daselbst seien; einer davon (der- jenige, welcher die Briefe an Atticus enthält) sei in seinem Besitz. Sie verglichen nimmehr jene mit F. P. unterzeichneten Briefe mit der Schrift in der Petrarcaschen Atticushandschrift und fanden eine ausserordentliche Uebereinstimmung. In Folge dessen war ihnen die Identität der Hand in den Briefen des Beccatelli mit der in dem Atticuscodex ganz ersichtlich. Hieraus ergiebt sich, dass es Victorius nicht darauf ankeun, Petrarcas Hand in der Ab- schrift der Atticusbriefe nachzuweisen; daran glaubte er schon vorher; sondern nur darauf, fest- zustellen, ob die Briefe, welche Beccatelli besass, Petrarcasche Autographa seien. Zu diesem Zwecke verglich er die Schrift in denselben mit einer, wie er meinte, notorisch von Petrarca her- rührenden; als solche galt ihm ebensowolil die Schrift in dem Apographon der Atticusbriefe (cod. XYIII.), wie die in dem Apographon der Briefe ad familiäres (cod. VII.); folglich hätte er die eine wie die andere zur Vergleichung wählen können; er wählte die Abschrift der Atticus- briefe, welche in seinem Besitz war, und da er die ausserordentliche Uebereinstimmung wahr- nahm, so constatirte er Petrarcas Hand in den Briefen Beccatellis; gleichzeitig aber bestätigte ihm diese Wahrnehmung seine schon vorher gewonnene Ansicht^ von dem Petrarcaschen Ursprung des Apographons der Atticusbriefe. Für die Atticusbriefe könnte hierdurch der Beweis des Petrarcaschen Ursprungs als ge- führt angesehen werden, vorausgesetzt, dass jene Beccatellischen Briefe wirklich Autographa Petrarcas waren, und Victorius und Beccatelli richtig gesehen, dass nicht vielleicht der Wunsch, Autographa des berühmten Mannes zu besitzen, die beiden Männer verleitet hat, eine grössere Aehnlichkeit zu entdecken, als wirklich vorhanden war; für die Abschrift der Briefe ad familiäres könnte der Beweis doch nur dann als geführt gelten, wenn nun auch noch die beiden Abschriften der Ciceronischen Briefe unter einander verglichen wären, und die Vergleichung die völlige Identität der Schritt ergeben hätte. Davon sagt uns aber Victorius kein Wort Die Tradition und der französische ductus, der beiden Abschriften gemeinsam und wahr- scheinlich schon genügend ist, die Aehnlichkeit der Schrift hervorzurufen, hatten ihn schon früher zu der Ansicht gebracht, dass in beiden Handschriften Petrarcasche Abschriften vorlägen; als er nun jene angeblich Petrcu-caschen Autographa Beccatellis mit dem Apographon der Atticusbriefe verglich imd die Schrift übereinstimmend fand, diente ihm die Bestätigung des Petrarcaschen Ur- sprungs bei der einen zugleich zur Bestätigung des gleichen Ursprimgs bei der einderen. Doch ich keuin nicht umhm, die Richtigkeit des von Victorius gefundenen Resultats auch für die Abschrift der Atticusbriefe zu bestreiten. Deis Resultat war gefunden durch die Ver- gleichung zweier Schriftstücke, deren beiderseitiger Ursprung unsicher ist. Von beiden wurde nur vermuthet, dass sie von Petrarcas Hand seien; eine Gewissheit darüber war nicht vorhanden; die Briefe trugen als Merkmal die Anfangsbuchstaben von Petrarcas Namen: F. P. Zugegeben, dies mag Freinciscus Petrarca bedeuten; mussten die Briefe deswegen von seiner Hcind geschrieben sein? Konnte dies nicht ein Schreiber gethan, er selbst nur seinen Namen unterschrieben haben? i»'*-*.— "V'"^ 20 ,f !■_ ■.*';•';. rA-- Wir wissen, dass Petrarca sich Schreiber hielt;*) diese haben ia den späteren Jahren in der iirj.y.-; Regel seine Briefe nach seinem Dictat schreiben,**) jedenfalls die von ihm selbst geschriebenen i^??: Briefe copiren müssen; denn Petrarca behielt sich Abschriften seiner Briefe zurück, und es ist einleuchtend, dass Jemand, der sich Schreiber häU, diejenigen Briefe, welche er mit eigener Hand geschrieben, ohne besondere Gründe nicht noch einmal selbst abschreiben wird, zumal [:-; wenn er solche Mcissen von Briefen schreibt, wie Petrarca dies gethan. Daher können Briefe (j Petrarcas, welche aus seinem Nachlass ins Publicum kamen, nicht ohne Weiteres für Autographa ■ gehalten werden. In jedem Falle musste erst der Petrarc«ische Ursprung der Schrift in diesen Briefen festgestellt sein, bevor sie zur Verificirung einer andern benutzt werden konnten. Dies hat Victorius nicht gethan. Indessen zugegeben, jene Briefe, welche Beccatelli besessen, seien echte Autographa Petrarcas gewesen,***) so habe ich gegen den Schluss, welchen Victorius für die Abschrift der Atticusbriefe aus der Vergleichung gezogen, doch Bedenken, die ich auch ohne Autopsie glaube erheben zu dürfen. „Es ist migemein schwer, die Identität der Schreiber zweier verschiedener Codices zu constatiren, zumal, wenn diese recht schön und regelmässig geschrieben sind," so sagt ein sehr gewiegter Handschriften kenner, Detlefsen, in einer Besprechung der Hofmaunschen Schrift in den Jahnschen Jahrb. 1863. p. 56 !.•}•) Das Zutreffende dieses Urtheils erweist sich auch in imserm Falle. Es hat nämlich Th. Mommsen, der gleich Victorius eigenhändige Briefe Petrarcas mit der Schrift unseres Codex verglichen, Victorius' Behauptung theilweise bestritten und nur insoweit 7 anerkannt, dass Petrarcas Hand nicht weiter als bis zu den Worten: cum legis dies (adAtticum VII, 7, 6) reiche, deiss mit den folgenden Worten: transierit, rationem haberi placet eine andere Hand beginne, und darnach quaternionenweise andere Hände unterschieden würden.^-"!*) ; Wenn es richtig ist, dass nur der kleinere Theil der Briefe von einer Hand, der andere grössere Theil dagegen von mehreren anderen Händen geschrieben ist, so kann dieser Codex nicht identisch sein mit demjenigen, den Petrarca selbst geschrieben. Deim wir wissen aus seinen eigenen Worten ep. fam. XXI, 10, (s. oben p. 12), dass er den Codex mit eigner Hand abge- schrieben, weil das Original Abschreibern nicht zugänglich war (volumen epistolarum eins ingens, quod ipse olim manu propria quia exemplar scriptoribus impervium erat, scripsi). *) cf. ep. fam. XVIII. 5. XXIII. 19. **) Dies lässt sich schliessen aus de reb. fam. XXIV, l3. Er spricht daselbst davon, dass er seine Briefe nach der Zeitfolge ihrer Abfassung geordnet; nur wenige machten eine Ausnahme davon, darunter der erste, welcher, später geschrieben, an die Spitze der Sammlung als Vorrede gesetzt sei. Dies drückt er so aus: quae dictata serius praevenit comites et locum praefationis obtinuit. Wer nicht die Gewohnheit des Dictirens hat, hätte scripta, nicht dictata gesagt. ***) Siehe den Anhang II. •f) Aus derselben Abhandlung führe ich noch folgende Stellen an: p. 57 1 sagt D. Ober den cod. Paris, lat 10339: „Sie enthält nur die Briefe an Atticus in schöner Petrarcascher Schrift, d. h. noch nicht so geschrieben wie die unter Niccolos und Poggios Leitung verfertigten Handschriften." — Und p. 555: „Die Schrift der Petrarca- schen Periode ist übrigens unschwer von der der Niccolischen zu unterscheiden, und wie jene besonders im Norden der Apenninen für längere Zeit zu Hause ist, so gehört diese vorzugsweise dem südlichen Abhänge derselben an." •j^) Ich entnehme dies der Schrift von Hofmann p. lO. Mommsen selbst scheint es nicht publicirt zu haben. Seine zum Zweck der Herausgabe der Briefe an Atticus angefertigte Collation unseres Mediceus hat er, als er den Plan der Herausgabe aufgab, Haupt und später Hofmann übergeben, cf. Boot in der praef. seiner Ausgabe der Briefe an Atticus, Amsterdam 1865. p. x. und Hofmann im Anhang zur Ausg. der ausgew. Briefe Ciceros I. p. 231. *5i.i?fr'^«B'CKs- - "■■'^gi?r,!-T«-^s:-^.- -y /i - • . ^x,--,-" ■■: '•' ,-t v- *• ^ >>' ,r-: .-• " '•.■■'' '■■■. , \--. - Ol ■" . - , Wenn aber Abschreiber fast zwei Drittel des ganzen Werkes geschrieben hatten, so hätte er schwer- ^ fich gesagt, er habe sich selbst den Codex abgeschrieben, sondern er hätte gesagt, er habe ihn sich grossen Theils abgeschrieben. Abschreiber haben an seinem Exemplar nicht geschrieben. Wenn man nun dagegen einwenden wollte, Petrarca habe, vielleicht aus Ueberdruss an der Arbeit, das Abschreiben eingestellt, als er bis zu jener Stelle des VII. Buches vorgedrungen war, die Fortsetzung sei vielleicht nach seinem Tode auf Veranlassung des neuen Besitzers durch Abschreiber hinzugethan, so erwidere ich, dass Petrarca der Text auch über jene Stelle hinaus vorgelegen haben muss; denn es finden sich in Petrarcas Schriften längere wörtliche Citate aus dem späteren Theil von Buch VII, femer aus Buch VIII, IX, X, XII und XIV, Citate, die insgesammt nicht aus dem Gedächtniss gemacht sein können. Diese Citate gestatten wohl den Schluss, dass Petrarca sich die ganze Handschrift abgeschrieben. Ein weiteres Bedenken ist das nachfolgende. Die fragliche Abschrift des Veroneser Codex hat dem Coluccio gehört, wie die Unterschrift: Hie über est Coluccii Pierii de Stignano und dessen Randbemerkungen beweisen. Nun aber war Coluccio ein begeisterter Verehrer Petrarcas; er stellte ihn als Redner und Philosophen über Cicero, als Dichter dem Vergil gleich und über Dante; er bewunderte und liebte ihn aus der ganzen Fülle seines Herzens.*) Persönlich haben die beiden Männer einander nicht kennen gelernt; sie sandten sich wohl gegenseitig in Briefen an ihren gemeinsamen Freund Francesco Bruni Grüsse zu.**) Eine directe Verbindung hat zwischen ihnen nicht bestanden, nur einmal hat der sehr viel jüngere Mann — Coluccio war 26 Jahre jünger — direct an Petrarca geschrieben, um seiner Bewundermig Ausdruck zu geben, und hat datür eine freundliche Antwort erhalten.***) Coluccio kannte also jedenfalls Petrarcas Hand; er besass auch Petrarcas Excerpte aus dem Veroneser Codex der Ciceronischen Briefe. Wenn Coluccio nun des angebeteten Mannes eigenhändige Abschrift jener Briefe erhalten hätte, so würde er sie als solche erkannt haben, und war dies der Fall, so hätte er sicherlich dieses für ihn so freudigen Ereignisses — denn bei seiner Stimmung zu Petrarca musste die Handschrift für ihn den Werth einer Reliquie haben — irgend einmal Erwähnung gethan; ich glaube, er würde, als er seinen Besitzvermerk: Hie über est Coluccii Pierii de Stignano machte, etwas Bezügliches hinzugefügt haben, wie: ipsius Petrarcae manu scriptus oder dergleichen, wie ja auch Donatus Acciaiolus, welcher den Codex später besessen, bemerkt hat, dass er ihn von Donatus Aretinus, des berühmten Leonardo Bruni Sohn, gekauft hat. Gegen die Identificirung dieses Codex mit Petrarcas Abschrift mache ich femer ein Citat aus Ciceros Briefen geltend, welches in einem Briefe Petrarcas vorkommt und dort anders lautet als in seiner angeblichen Abschrift der Atticusbriefe. In den ep. fam. IV, 14 citirt Petrarca den Ausspruch des Isocrates über Ephorus u. Theopomp: alter frenis, alter calcaribus egef{-) als einen Ausspruch des Socrates, er sagt: Socraticum illud; er hat also in seiner Abschrift: *) Vgl. besonders den 3. Brief an Benvenutus de Rambaldis, der Coluccios Schmerz über Petrarcas Tod Ausdruck giebt, und den 7. Brief an einen Ungenannten in dem 2. Bande der Ausgabe von Rigacci, Florenz 1742. **) Vergl. Petrarca ep. sen. XI, 2. ***) Sie steht ep. sen. XI, 4, es heisst in derselben: Tibi ergo nondum viso, nuper cognito, iam dilecto, ad honorificam tuam illam atque amabilem epistolam nil in praesens aliud reddiderim nisi stUum affectumque tuum mirum in modum animo meo gratum esse. ■J") Bei Cic. ad Att. VI, i, 12 heisst es: alter, uti dixit Isocrates in Ephoro et Theopompo, frenis eget, alter calcaribus. 1. -•* . W^ ^v- •^# ^ ■*■' Socrates gehabt in Folge eines Lesefehlers, der bei diesem Worte so leicht ist; nun aber hat die Abschrift der Atticusbriefe richtig: Isocrates. Hier liegt die Verschiedenheit zu Tage. Ich / glaube nicht, dass dies Socraticum illud eine falsche Ueberlieferung jener Stelle in Petrarcas Brief ( ist (alle Ausgaben, auch Fracassetti, lesen so), und dass etwa Isocraticum im Original gestjinden; [ Petrarca hätte wohl das Adjectiv von Isocrates richtig gebildet: Isoer ateum oder Isocratium; ich \ glaube aber, Petrarca hätte an unsrer Stelle überhaupt keine Adjectivbildung, weder Isocraticum noch Isocrateum noch Isocratium, gebraucht; denn von Isocrates kannte er nicht so viele Dicta, . dass er sie durch ein Adjectiv gleich generalisirt hätte. Wir haben nicht den geringsten Grund, an der Richtigkeit der Ueberlieferung in Socraticum illud zu zweifeln. •-, Indessen mein hauptsächlichstes Bedenken liegt in der ausserordentlichen Fehlerhciftigkeit der Abschrift. Hofmann, der mit Mommsen annimmt, Petrarcas Hand reiche bis VII, 7, 6, sagt, dass in dem Theile, der von Petrarca herrühre, sich nicht mehr Sorgfalt und Sachkenntniss zeige, als in den an- deren, die doch wohl in seinem Auftrag von unbekannten Schreibern abgeschrieben seien, und nennt die Verderbniss des Textes so bedeutend, dass nicht ein einziger längerer Brief mit aller unserer Kunst sich lesbar machen lassen würde, wenn uns die Correcturen fehlten, welche von einer andern Hand dem Codex beigeschrieben sind. Orelli, der eine von dem früheren Bibliothekar der Laurentiana del Furia gefertigte Collation in seiner Ausgabe der Ciceronischen Briefe veröffent- licht hat, ist durch die unglaubliche Fehlerhaftigkeit auf den wunderlichen Einfall gebracht, Petrarca habe sich einen Schreiber auf seine Schrift dressirt, und dieser wohldressirte Schreiber habe die ganze Abschrift gefertigt, oder „alius homo indoctus sed callide Petrarcae scripturam inii- tatus, hunc codicem e Petrarcaeo descripsit." In der That, die Fehlerhaftigkeit gestattet keine andere Anneüime, als die, dass nur ein Schreiber, und zwar ein recht unwissender, die Abschrift gefertigt hat.*) Es ist natürlich, dass ein Schreiber, der den Inhalt dessen, was er abschreiben . soll, nicht versteht, angewiesen wird, sein Original wortgetreu mit allen Fehlern abzuschreiben; aber ist es denkbar, dass ein Mann wie Petrarca aus purer Pedcuiterie, um den Text genau so ' zu haben, wie das Original ihn hat, sich den grössten Unsinn abschreiben wird, damit er hernach bei der Leetüre in jedem Satze anstosse, sich ärgere und die Feder dauernd in der Hemd be- halte, den Unsinn wieder auszumerzen? Das konnte er von vornherein einfacher und besser machen. Man lese nur die zornigen Worte, die Petrarca über die Unwissenheit der Abschreiber de rem. utr. fort. I, 43 äussert,**) um sich vorzustellen, was er bei solchen Abschriften, wie die der Atticusbriefe eine ist, empftinden haben muss, und es für völlig unmöglich zu halten, dass er selbst sich solcher Sünden schuldig gemacht. *) Wer Lateinisch versteht, schreibt nicht — ich greife das erste beste heraus — an jener Stelle ad AtL I, 14, 5, wo von dem Fussfall die Rede ist, den Clodius vor den Senatoren macht: ad pedes omnium accedente, sondern: accidente, er schreibt nicht ib. I, 16,4: ex acciamatione Clodii advocatorem, sondern: advocatorum. Jeden- üails schreibt ernicht Unformen wie : d i s s e n t statt : dissident I, 13, 2. Das Wort convicium erscheint I, 14, 5 zuerst in der Gestalt: commulticium, und in der Zeile darauf kehrt es als commultium wieder. I, 16, 18 erscheint fin Wort barbatuli tuens statt iuvenes und dergl. mehr. **) Siehe den Anhang IV. J*^-- "• 23 i:-::>IIL Die Auffindung der Briefe ad familiäres und der Ursprung der i beiden angeblich Petrarcaschen Abschriften. Die erste bis jetzt ermittelte Nachricht von der Auffindung der epistolae ad familiäres findet sich in einem ca. 16 Jahre nach Petrarcas Tode, also c«i. 1390 geschriebenen Briefe des schon erwähnten florentinischen Staatskanzlers Coluccio an Pasquino de Capellis, Kanzler des „Tugendgrafen" Giovan Galeazzo Visconti, Herzogs von Mailand. Dieser auf Papier geschriebene Brief ist schon Mehus bekannt gewesen (cf. vita Ambrosii p. 213.), er hat ihn aber nicht ab- drucken lassen; zu dessen Zeit befand er sich in der Bibliotheca Riccardiana No. 1238, Ep. 23; heute führt er nach Haupt die No. 898. Auch ein zweites aber unvollständiges, auf Pergament geschriebenes Exemplar existirte noch in cod. 136 derselben Bibliothek; die jetzige Numerirung desselben ist mir unbekannt. Publicirt hat den Brief erst Haupt in dem Lectionskatalog der Berliner Universität vom Wintersemester 1856, jetzt opusc. IL p. 113 ff., nach einer von Mommsen genommenen Abschrift. Den Srhluss des Briefes, der sich auf Varro bezieht, hat Mommsen selbst schon veröffentlicht in dem zweiten Bande von Lachmanns und Rudorffs Gromatici p. 218. Ich theile den Wortlaut des Briefes im Anhang mit. Coluccio bedankt sich darin bei Pasquino in den überschwänglichsten Ausdrücken für eine Abschrift Ciceronischer Briefe, welche dieser für ihn hatte anfertigen lassen, und bittet ihn noch zum Schluss um eine Abschrift der Briefe des Veroneser Codex, welche ihm zu einer vollständigen Sammlung der Ciceronischen Briefe noch fehlten. Dass die Briefsammlung, für welche Coluccio sich bedankt, die epistolae ad familicires enthzilten habe, geht sowohl aus dem Gesammtinhalt des Briefes, als auch aus einzelnen Aeusse- rungen wie: quid mihi iocimdius esse potest, quam tot procerum, scientissimorum virorum, quos volumen illud .... habet, vidisse tum eloquentiam tum mores etc., und aus den Worten scribentium auctoritas hervor. Dass ferner die Abschrift die ganze Sammlung der Briefe ad fam. umfasst habe, unter- liegt wohl auch keinem Zweifel. Zwar enthalten diejenigen Stellen, in den Coluccio ausführt, was er Alles aus Ciceros Briefen ersehen, insbesondere die fünf mit vidi resp. video anfangenden Sätze nicht so bestimmte Beziehungen, dass man sie genau auf jedes einzige Buch der Briefe von I — XVI deuten könnte, aber sie sind doch ausreichend, um das obige Urtheil als wohlbe- gründet erscheinen zu lassen.*) Als Fundort kann man wohl Vercelli mit Sicherheit annehmen; denn Coluccio hätte eine solche Vermuthung, die Abschrift stamme aus einem Codex der Kirche zu Vercelli, gar nicht äussern können, wenn er nicht gewusst hätte, dass es dort eine Heindschrift Ciceronischer Briefe gäbe. Bestätigt wird uns Vercelli als Fundort durch die Nachricht des Blondus, welcher die epistolae ad fam. ja auch in jener Stadt gefunden sein lässt, nur dass er die Auffindung falsch- lich Petrarca zugeschrieben hat. Ueber das Datum der Auffindung erfahren wir nichts, was uns eine einigermassen sichere Vermuthung gestattete. Wie die Handschritt von Vercelli nach Florenz gekommen, ist unbekannt; auch über ihre sonstigen Schicksale theilen weder Mehus noch Bandini irgend etwas mit. Eine Notiz über sie habe ich bei Politian MiscelL 18 gefunden; er sagt, dass die Handschrift einst im Besitz des Philelphus gewesen sei; vielleicht geben Philel- *) Ich habe dies im Anhang III, l. näher ausgeführt. 'r.^'--' '■'..■■'■■ .•-:■■' , • ■ y •' :' -'":f ..r: "" '\r.\^K-^^-f . , ■'.■■4 , '- " ' • , " -^ ' -.•;:-"■ ■ - M - -•^.■'v^: phus Schriften über sie noch weitere Auskunft. Zu Politians Zeit war sie im Besitz Lorenzos von Medici. Wenn uns auch von dem Finder nichts überliefert ist, so können wir daraus den Schluss ziehen, dass der Finder ein Mann gewesen, der seinen Fimd nicht zu würdigen ver- standen, sonst hätte er wohl selbst für die Ueberlieferung seines Namens gesorgt. Eine Stelle erfordert noch eine besondere Betrachtung. Es heisst gegen Ende des Briefes: veritm compertum habeo quod in ecclesia Veronensi solebat aliud et epistolarum esse volumen, cuius ut per aliquas epistolas inde desumptas quas habeo et per excerpta Petrarcae clarissime video, inter has penitus nihil extat. Aus dem Wortlaut dieser Stelle ergiebt sich die auffallende Thatsache, dass Coluccio und damit die literarische Welt in Florenz im Jahre 1390 von dem Inhalt des Veroneser Codex noch keine ganz sichere Kenntniss hatte. Denn wenn er bestimmt gewusst, was dieser ent- hielt, so hätte er sich doch wohl bestimmter ausgedrückt und hätte etwa gesagt: ich sehe, dass mir noch die Briefe an Brutus, Qu intus und Atticus fehlen, und bitte Dich, mir auch die ab- schreiben zu lassen. Petrarca hatte also jenen Briefen keine grössere Publicität gegeben; ein literarischer Kreis, der seine Schätze mitbenutzt und die Kenntniss davon weiter verbreitet hätte, konnte sich bei dem beständigen Wechsel seines Wohnortes nicht dauernd um ihn bilden; das Einsiedlerleben, für das er Zeit seines Lebens einen starken Hang hatte, entzog ihn für lange Zeit dem persönlichen Verkehr mit Menschen, und mit Coluccio stand er in so gut wie gar keiner directen Verbindung. Coluccio urtheilte nach einigen Briefen, die er aus dem Vero- neser Codex abschriftlich besass*), und aus Excerpten Petrarcas. Wer sich Excerpte macht, thut dies, um für seine speciellen literarischen Zwecke das nöthige Material beisammen und be- quem benutzbar zu haben. So wird auch Petrarca das, was er bei der Leetüre der Ciceronischen Briefe für seine historischen und sonstigen Studien verwerthbares fand, sich excerpirt haben, um nicht jedes Mal, wenn er etwas brauchte, das schwerfällige Buch von seinem Repositorium nehmen und darin suchen zu müssen. Einen Fingerzeig für den Inhalt dieser Excerpte geben uns die Citate, die wir im Anhange aus Petrarccis Schriften nachweisen; sie enthalten Stellen nicht bloss aus Ciceros Briefen an die drei genannten Correspondenten, sondern auch aus Briefen des Cäsar und Brutus, wir sehen u. A., dass er, um den Nachweis der Fälschung jenes österreichischen Privilegs zu fähren, Stellen aus drei Briefen Cäsars wörtlich mitgetheilt. Aber Petrarca kann sich auch Ex- cerpte aus den Briefen des Pompeius, des Matius und Trebatius, des Baibus und Oppius, des Hirtius und des Antonius, von denen allen sich ein oder mehrere Briefe als Beilagen zu denen an Atticus finden, gemacht haben, ohne sie gerade zu Citaten zu verwerthen. Wenn diese Vermuthung richtig ist, und sie ist jedenfalls naheliegend, so erklärt sich auf ganz natürliche Weise, dass Coluccio aus den Excerpten Petrarcas in dem Veroneser Codex die Sonderung in drei specielle Sammlungen nicht herauserkeinnte, wenn auch die Mehrzahl der Citate ihnen ent- nommen gewesen sein wird, sondern, dass er in ihm eine ähnliche Sammlung von Briefen ver- muthen konnte, wie sie ihm in der von Pasquino übersandten vorlag, für die er auch keine bestimmtere Bezeichnung hatte als epistolae. Es hat überhaupt der Untersuchung sehr geschadet, dass man geglaubt hat, jenes Zeitalter sei über den Bestand und die Eintlieilung der Ciceronischen Briefsammlungen eben so unterrichtet gewesen, wie wie wir es sind *) Dies sind wahrscheinlich diejenigen, um deren Uebersendung er im November 1374 den Veroneser Caspar de Broaspinis bat. Der betreffende Brief Coluccios ist von Haupt nach einer Abschrift von Mommsen ver- öffentlicht in den Berichten der sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften 1849, pag. 259. ■ -^-'- ■•-*■>• ci.r-,V-«>-. ;.vf*> Im Uebrigen bestätigt Coluccios Brief in der wünschenswerthesten Weise unser oben gefundenes Resultat. Coluccio sah aus den Excerpten Petrarcas, dass er in jener Abschrift, die frQ- Pasquino ihm gesandt, noch lange nicht alle Briefe Ciceros besass, sondern dass ihm zu einer ^;^:.. vollständigen Szunmlung der Ciceronischen Briefe noch sehr viel fehlte (Sentio quidem plurimum it'^^* abesse); er sah femer, dass von den Briefen des Veroneser Codex, die Petrarca excerpirt, sich ^VC-I^"*^"^ ^®" ^^°^ ^^^ Pasquino übersandten gar nichts (penitus nihil) befand. Natürlich, denn der T: ;{ Veroneser Codex enthielt die Briefe an Brutus, Quintus und Atticus, des Pasquino Abschrift die ^'' Briefe ad familares. Das stimmt auf das Genaueste zu dem, was ich in dem l. Abschnitt dieser C' ■ Untersuchung aus Petreurcas Schriften selbst schon nachgewiesen.*) ' > t ■ Nach alle dem unterliegt es keinem Zweifel, dass Petretrca Ciceros epistolae ad familares nicht gefunden hat. Ich habe oben nachgewiesen, dass er nicht einmal von ihrer Existenz etwas gewusst hat. •^ Daher muss auch die angebliche Abschrift Plut. XLDC, Cod. VII einen andern Ursprung haben. Es liegt nahe anzunehmen, dass diese Abschrift diejenige ist, welche Pasquino für Coluccio hat anfertigen Icissen. Am Schluss war, wie Bandini II, p. 464 bemerkt, der Name des Besitzers einge- tragen, aber von pietätloser Hand ausgemerzt ; vermuthlich hat an der Stelle derselbe Besitzvermerk wie auf der Abschrift der Atticusbriefe gestanden: Hie liber est Pierii Colucii deStignano. Vielleicht lassen sich die Schriftzüge oder wenigstens der räumliche Umfang der ehemaligen Unterschritt bei er- neuter Untersuchung doch noch erkennen. Aber es giebt noch ein anderes Erkennungszeichen für Pasquinos Handschrift. Es befindet sich in demselben Pluteus der Laurentiana ein anderer Codex, XV numerirt, der nach Bamdinis Angabe II, p. 470 auch noch aus dem 14. Jahrhundert stammt. Dieser Codex hat Randbemerlomgen, aus denen sich ergiebt, dass Coluccios Exemplar von dem Besitzer dieses Codex benutzt worden ist. Es ist nämlich p. 86, b zu dem Satze: ille autem qui sciret se nepotem bellum tibicinem habere et sat bonum unctorem, welcher ad fam. ; VII, 24, 2 steht, am Rande die Bemerkung gemacht, dass dieser Satz von Coluccio hinzugefügt ist. Nun findet sich in der That in dem angeblich Petrarcaschen Exemplar dieser Satz im Text nicht, sondern am Rand von Coluccios Hände nachgetragen.**) Zu ep. ad fam. X, 6, 3 findet sich zu dem Satze: Complures in perturbatione rei publicae consulares dicti, quorum nemo consularis habitus nisi qui animo exstitit in rem publicam consulari die Bemerkung, dass Coluccio die Worte nisi qui animo exstitit in rem publicam consulari beifügen zu müssen geglaubt hat Auch hier finden sich die eingegebenen Worte in der angeblichen Petrarcahandschrift nicht im Text, aber wieder am Rande nachgetragen.***) Es liegt doch auf der Hand, dass Coluccio solche Zusätze zum Texte in der ihm gehörigen Abschrift gemacht hat xmd nicht in irgend einer andern. Diese Beispiele genügen, um die Identität der angeblich Petrarcaschen Abschrift mit derjenigen zu erweisen, welche Pasquino für Coluccio hat anfertigen lassen. Die angeblich Petrarcasche Abschrift der Atticusbriefe verdankt sicherlich ihren Ursprung gleichfalls der Freimdschaft, welche Pasquino mit Coluccio verband. Petrarcas Abschrift war für Coluccio nicht mehr zu haben, als er Pasquino in so beweglichen beweist natürlich ftlr sich allein noch nicht, dass Petrarca diese Briefe nicht gekannt hat; denn er k&nnte ja fQr Excerpte aus diesen ein besonderes Heft angelegt haben, was nur nicht in Coluccios Hände gekommen; aber es dient dieser Umstand dem aus anderen Tbatsachen gezogenen Schlüsse zur Bestätigung. *'*') Die Randbemerkung lautet: additum est a Coluccio Salutato id quod est in textu inter a et b. *'*'*) Ich entnehme diese wichtige Notiz der Schrift von Hofixiann, pag. 7. j -f *) Der Umstand, dass sich in Petrarcas Excerpten keine Excerpte aus den Briefen ad familiäres finden, - .' -i^ ■■..''< ^^ At Worten bat, ihm auch eine Abschrift des Veroneser Codex anfertigen zu lassen. Wahrscheinlich ist sie für ihn überhaupt nicht zu haben gewesen. Petrarca hatte nämlich im Jahre 1362, als er seinen Wohnsitz in dem theuren Venedig nahm, der Republik das Anerbieten gemacht, ihr '1^%- gegen Ueberlassung eines anständigen Hauses seine Bibliothek zu vermachen unter der Bedingung, i;;*?i ;- dass die Bücher nicht verkauft noch zersplittert, sondern in einem besonderen, gegen Feuer wie ^;,. - Unwetter gesicherten Hause aufgestellt und zu Nutz und Frommen der Geistreichen und Edlen ■^"-. jener Stadt, die an solchen Büchern ihre Freude haben, für alle Zeiten aufbewahrt werden .:->•' sollten*). Die Republik Venedig hat das Anerbieten auf die gestellten Bedingungen hin acceptirt, ij. . .^iund so ist denn vertragsmässig Petrarcas Bibliothek nach seinem Tode in den Besitz von Venedig ^■?r. übergegangen. Dahin ist also vermuthlich auch seine Abschrift der Atticusbriefe gekommen. In 1^5- . Venedig muss man jedenfalls zuerst suchen, wenn man ihren Schicksalen nachgehen will. Freilich C-' »ist wenig Aussicht vorhanden, dass Nachforschungen ein Resultat haben werden; denn Venedig ' : hat die Bibliothek Petrarcas gräulich verwahrlosen lassen.**) Coluccio hat aus Petrarcas Nachlass nur die Excerpte aus den Briefen der Veroneser r Handschrift bekommen; um eine Abschrift zu erhalten, wandte er sich an Pasquino, der ihm den gleichen Dienst schon einmal erwiesen. Zwar vermied es der vorsichtige Kanzler des miss- trauischen Galeazzo, während des Krieges, den sein Herr mit der Republik Florenz von 1 390 bis 1392 führte, die Privatcorrespondenz mit Coluccio, dem Kanzler der gegnerischen Macht, fort- < zusetzen; und wenn er auch nach dem Frieden, der im Januar 1392 abgeschlossen wurde, bei seinem Schweigen verharrte, trotzdem er von Coluccio schon mehr als sechs Mal mit Briefen bestünnt war, so hatte er doch des Freundes nicht vergessen, sondern er hatte für die Anfertigung der Ab- schrift Sorge getragen. „Gott ist mein Zeuge, mit welcher Freude ich die Nachricht vernommen, dass du Ciceros Briefe in Verona für mich hast abschreiben lassen," schreibt Coluccio, dem die Nachricht davon auf anderen Wegen zugegangen sein muss, an Pasquino und bittet ihn, ihm die Abschrift so bald als möglich durch die florentinischen Unterhändler zugehen zu lassen. Soweit gehen unsere Nachrichten.***) Hiernach kann man nicht zweifeln, dass die Ab- schrift beild darauf in Coluccios Hände gelangt ist. Die angeblich Petrarcasche Abschrift hat den Besitzvermerk: Hie liber est Pierii Coluccii de Stignano, sowie Randbemerkungen von Coluccios Hand. Beides ist unter diesen Umständen genügend, um in dieser Abschrift diejenige zu erkennen, welche Pasquino für Coluccio hat anfer- tigen lassen. *) Auf dieses Anerbieten bezieht sich Petrarcas Brief an den venetianischen Grosskanzler Benintendi (in den ep. var. 43,) der diese Angelegenheit für ihn betreiben sollte. Uebrigens ist sowohl Petrarcas Schreiben an den Senat, welches das Anerbieten enthält, als auch die AnnahmeerklÄrung des Senats noch urkundlich vorhanden. Fracassetti hat den Wortlaut mitgetheilt: lettere di Petrarca V, p. 376. **) Das Nähere findet man bei Fracassetti V, p. 381 ff. Daraus ergiebt sich, dass das, was Poggio in der Leichenrede auf Niccolo Niccoli (p. 276 der Baseler Ausgabe von 1538) von dem Verkauf der Bibliothek Petrarcas sagt, nur theilweise richtig sein kann. Die Stelle lautet: Fr. Petrarca habuit ingentem copiam librorum, qui post eius obitum omnes venumdati et variis hominibus dispertiti sunt. Weiterhin spricht er von Coluccios Bibliothek: Coluccii nostri ad omnia ingenii singularis volumina quae Nicolai libros numero ferme aequabant, filii vendiderunt. Dies konnte Poggio allerdings besser wissen, weil er zu Coluccio in sehr nahen Beziehungen stand. ***) Ich entnehme sie zwei Briefen des Coluccio, die erst kürzlich von Attilio Hortis in der oben erwähnten Schrift veröffentlicht worden sind. Ich theile sie im Anhange mit. In derselben Schrift findet man auch die Nach- richten über das traurige Lebensende des Pasquino p. 91 ff. '■> * ^'%- .f ■»■' • :-^- '. *:- Die Aehnlichkeit der Schrift, die in den beiden Abschriften der Ciceronischen Brieie wahrgenommen ist, findet durch diesen Ursprung auch ihre einfache Erklärung. . . . V """A '^0: V*-^ Das zahlreiche Gewerbe der Schreiber hatte in den einzelnen Städten, die Mittelpunkte ^'iy'% literarischen Lebens waren, eine bestimmte Schrift ausgebildet, so dass man örtliche Classen der- ^V".'. . selben imterschied; man hatte eine littera Bononiensis, Aretina, Beneventana u. a.; es werden f^;'\ daher Abschriften, die zur gleichen Zeit in dem gleichen Orte gefertigt sind, immer eine gewisse Ij^ Aehnlichkeit haben. Sollte die Aehnlichkeit aber wirklich so gross sein, dass man unsere beiden 'f. ■ Abschriften auf eine Hand zurückführen müsste, so liegt die Erklärung ncihe, dass Pasquino mit » der Abschrift der Atticusbriefe denselben Schreiber beauftragt hat, der ihm eine ähnliche Arbeit ^' schon einmal geleistet hatte. Dem unglücklichen Pasquino aber, der wenige Jahre darauf in Folge einer schändlichen Intrigue Freiheit und Leben verlor, gebührt auch unser Dank, dass er diese hochinteressanten Documente, die unverfälschten Zeugen des Lebens und Strebens der ersten Männer einer in gewaltigem Ringen sich erschöpfenden Zeit, der literarischen Welt zugänglich gemacht hat. ^- :- . - ■-: ''-^ /> ^ffy- 3 '. ' - .^ •. ^- X -■•-v--?» -.:"fy:?^^^»^:^^-w:>>r• W^c-- ,*?:* -■■■ . . •■ -;J "•4 .•-' Anhang. ;•-?:• L Die Citate aus Ciceros Briefen in Petrarcas Schriften. L Citate aus den Briefen an Brutus. Ein Lieblingsbrief Petrarccis ist der i6. Brief des Brutus an Cicero. Der stolze Ton, in dem hier Brutus die Yerwendung Ciceros für die „Befreier der Welt" bei Octavian als seiner unwürdig zurückweist, und der Hinweis auf das, was Cicero seiner Ehre und Vergangenheit schuldig ist, hat Petrarca nicht wenig imponirt. Das Gleiche gilt von dem darauffolgenden Briet des Brutus an Atticus I, I7, in dem die Gedanken des 16. Briefes einen noch imverhüllteren Ausdruck finden. Beide haben Petrarcas Urtheil über Cicero sichtlich beeinflusst. Den ersten Brief meint Petreirca, wenn er in der dem jungen Fürsten Franz von Carrara gewidmeten Schrift de republica optime administranda zu demselben sagt: Favilla interior sit oportet, quam flando excites et in flammam erigas, alioquin extinctum in cinerem nequidquam flaveris. Spero ego, imo quidem scio, in te non modo favillas consopitas, sed lucidas et ardentes, flammamque insuper virtutis eximiam et capacem omnis boni animum, cui omnium, quae audierit et viderit, nihil ex- cidere soleat Sensi quantum epistola una, clara illa quidem et quae claro texta esset ingenio, M. scilicet Bruti ad M. Tullium Ciceronem tibi animum accenderit ad virtutem, ut diu vLx aliud loqui posses et saepe tacitus mecum dixi: „Hie nisi virtutis esset amicus, nunquam tarn vehementer hoc tarn brevi, virtuose licet, elogio moveretur. saepe etiam mihi gratiam habui, quod tibi illam epistolam procurassem et oblivione senioque obrutam renovassem.*) — Das verbatuarecognosce in § 1 dieses Briefes und die Stelle: Nam si Octavius tibi placet, a quo de nostra salute petendum sit, non dominum fugisse, sed amiciorem dominum quaesisse videberis in § 7 fanden wir schon oben in wenig veränderter Gestalt in Petrarcas Brief zm Cicero XXIV, 3. — Diesem Brief ist femer entlehnt, was Petrarca an Cola di Rienzo VII, 7 schreibt: E curia di- gressum amicorum litterae consecutae sunt, in quibus ad me . . . primae multum dissimilis fama pervenit: non te populum, ut solebas, sed partem populi pessimam amare, illi obsequi, ilUun curare, illam admicari. Quid dicam, nisi quod Ciceroni scribens Brutus: „pudet condicionis ac fortunae." — Ebenso das nachfolgende Citat in dem Briefe IX, 13 an Philippus de Vitriaco: Quam ob rem, si quid forte liberius dictum legis quam blanditiarum nostri aevi mos habet, igno- scito. Juvat enim magnifice loqui, et certe decet, ut quadam ad Ciceronem epistola Brutus ait, adversus ignorantes quid pro quoque timendum sit. Dasselbe Citat findet sich noch einmal in der Streitschrift gegen den Arzt p. 1231: magnifice forsan et de me altius loqui *) Man beachte in den letzten Worten den deutlichen Hinweis auf die Auffindung. •i*it'.t>; — •.: ..' -. ■v-s: «■•■ri-e; :\i-!r--^. I- videor, sed a quodam magnanimo lltteratoque viro didici magniflce loquendum adversus ignorantes. Brutus hoc in epistulis suis ait etc. — ■•5-;;''vr»;i -'. Der Brief des Brutus an Atticus I, 17 hat ebenfalls mehrere Citate hergegeben. Auf Qcero wendet, wie wir oben gesehen, Petrarca die Worte aus § 5 an: ego vero iam iis artibus nihil tribuo, quibus Ciceronem scio instructissimum esse. — Gegenüber einem Freunde, der die bereits erkalteten Leidenschciften Petrjircas wieder anfachen will, gebraucht dieser in einem Brief an Socrates XVI, 3 folgendes Wort: Etsi apud me amici illius Caritas tota Sit, certe existimatio imminuta est, et ut de Cicerone suo loquitur Brutus: de amore suo nihil est remissum, de judicio largiter. Dieses lautet bei Brutus I, 17, 6: Sed persuade tibi, de voluntate mea propria nihil esse remissum, de judicio largiter; und die unmittelbar hierauf folgenden Worte neque enim impetrari potest, quin quäle quidque videatur ei, talem quisque de illo opinionem habeat citirt Petrarca in der praefatio zu der Schrift de remediis utriusque fortunae, um seinen Widerspruch gegen Aristoteles und Seneca mit der Autorität eines Mannes wie Brutus zu rechtfertigen. Von den anderen Briefen des Brutus ist nur noch der zweite zu einem Citat verwendet Cicero behauptet gegen Brutus, die Schonung des überwundenen Gegners sei eine Schwäche, die Vernichtung ein Gebot der Vorsicht, denn opprimemini, mihi crede. Brüte, nisi pro- videtis. Dieses wendet Petrarca de rem. utr. fortun. II, 117, p. 234 auf diejenigen an, die sich nicht innerlich bereitet haben, jeden Augenblick des Todes gewärtig zu sein: nee securos modo, sed cupidos hinc abire nos faciet (nämlich die Vorbereitung auf den Tod)-, alioquin im- provisis et incautis eveniet, quod Bruto suo in epistolis vere olim vaticinatus est Cicero. Opprimemini, mihi crede. Brüte, inquit, nisi provideritis, sie est, inquam, sie illi accidit, sie Omnibus qui Ventura non provident. ■ * 2. Citate aus den Briefen an Quintus Cicero. Von den Briefen an Quintus hat der erste die meisten Citate hergegeben. Auf ihn wird angespielt ep. XXIII, 12: Cicero tantus vir Ciceroni fratri suavem atque artificiosam exhor- tationem scripsit. Num quid illius animum ab ea, in quam naturaliter pronus erat, iracundia retraxit, aut motus inconditos oratione compescuit? und in der praef. p. 23: Probatur enim mihi quod prima ad fratrem epistola Cicero idem ait, esse epistolae proprium, ut is, ad quem scribitur, de his rebus, quas ignorat, certior fiat. Dies steht I, l, 13, 37. — Aus dem letzten Capitel dieses Briefes finden sich zwei Citate de vit. sollt. I, 4, 8, p. 272. in einem Ca- pitel, welches die üeberschrift führt: Quod habentes verum testem Christum teste imaginario non egeamus: M. Cicero in epistolis, qucis ad Q. Ciceronem fratrem suum scribit, post adhortationes magnificas ad virtutem concludens, id, inquit, facillime facies, si me, cui semper uni magis quam universis placere voluisti, tecum semper esse putabis, et omnibus his rebus, quas dices aut facies, Interesse; dasselbe Citat steht de rem. utr. fortun. II, 53, p. 173. in einem Capitel de absentia amicorum: epistolari quoque remedio consultiun est, quo nescio an praesentia ulla sit gratior. Romae quidem erat M. Cicero, dum ad Q. Ciceronem fratrem suum, proconsulatum Asiae administrantem scribens: cum tua, inquit, lego, te audire, cum ad te scribo, tecum loqui videor, et mox eum ad gloriae excellentiam exhortans efficacissimum id dicit, in dictis f actisque suis omnibus fraternam sibi finxisse animo praesentiam, womit der Inhalt der obigen Worte: id facillime facies bis Interesse umschrieben wird. — Aus ad Quint. I, 3 ,^- .. . findet sich in einem Klagebrief Petrarcas VIII, 7. der Anfang citirt: Mi frater, mi frater, mi f rat er, novum epistolae principium, imo antiquum et ante mille fere quadringentos annos a M. Tullio usurpatum — und eine Stelle aus § 3 in einem BrieleXVI, 12: Quem vero te dicam nisi, ut Ciceronis ad germemum dicto utar, suavitate fratrem prope aequalem, obsequio' filium, consilio parentem. Aus ad Quint. II, 1 3, 2 findet sich ein längeres Citat in dem ersten Briefe Petrarcas, der an seinen Freund Thomas von Messina gerichtet ist. Er apostrophirt Neapel: glückliches, beneidens- werthes Neapel, das einen Robert zum König hat, der gleich Augustus Talente anerkennt und fördert Ad te confugiat quisquis ingenio fidit. Neque vero dÜferendum putet: suspecta mora est. In diesem Zusammenhange bringt er folgendes Citat: Quod adme attinet currereet properare propositum est, ut (quod de Julio Caesare in epistola quadam ait Cicero) omnia mea studia in istum conferam. Ego vero ardenti quidem studio id fortasse efficiam, quod saepe viatoribus cum properant evenit, ut si serius quam voluerint forte surre- xerint, properando etiam citius quam si de nocte vigilassent perveniant, quo velint. Sic ego, quoniam in isto homine colendo tam indormivi diu, cursu corrigam tardi- tatem. Aus dem III. Buch findet sich eine Stelle des ersten Briefes c. 3, 9 citirt de rem. utr. fortun. II, 53 in dem schon oben citirten Capitel de absentia amiconim p. 173: Cicero ipse in epistola quadam Balbum amicum suum in Galliis sub Caesare militantem non solum in animo habere, sed in oculis ferre se dicit. Diese Stelle lautet bei Cicero: Balbum..... in oculis fero. Zwar nicht direct genannt, aber genau nachweisbar sind die Stellen, auf die er in der hist. Julii Caesaris XV, 35 anspielt. Es heisst da: Legati (Q. Ciceronis) inoboedientiam leniter ar- guit, ut qui et mitissimus natura et legati hujus esset amantissimus, quod ex familiaribus ad eum fratris epistolis evidenter elicitur. Das bezieht sich auf die nachfolgenden beiden Aeusserungen II, 13, i: litterae vero eins (nämlich Caesaris) una datae cum tuis, quarum initium est, quam suavis ei tuus adventus fuerit et recordatio veteris amoris, deinde, se effecturum, ut ego in medio dolore ac desiderio tui te, cum a me abesses, potissimum secum esse laetarer, incredibiliter me delectarunt — und III, 1, 3, 9: quod scribis, te a Caesare cotidie plus diligi, immortaliter gaudeo. Hieran schliesse ich noch das Citat aus der epist. ad Octavianum, welches wir schon in jenem Briefe cm Cicero kennen gelernt, von der praecepssenectus; es findet sich dies noch zweimeil ep. sen. VIII, p. 92 1 prima pars (senectutis) viridis, secunda dicitur adulta, tertia autem praeceps. unde etsuam praecipitem senectutem vocat Cicero ea prorsus aetate, qua nunc ego sum, vuid dass dies aus dem Brief an Octavian entnonmien, sagt er l. c. p. 922 — und ep. sen. XVI, 1, p. 1068 sagt er von Cicero: multa jam pridem de sua calamitosa ac praecipiti senectute tractaverat. 3. Citate aus den Briefen an Attieus. In einem Brief an Nerius Morandus vom J. 1356 spricht Petrarca von der Macht des Goldes und sagt dabei: et quod apud Ciceronem legimus: nullus fortis est locus, in quem onustus auro asellus non possit ascendere. Dies ist aus dem Gedächniss citirt, die be- trefiende Stelle steht ad Att. I, 16, 12: Nunc est expectatio ingens comitiorum, in quae omni- •v.-.^'r:' ■■'-.' 31 .■St.-.'i. bus invitis trudit noster Magnus Auli filium, atque in eo neque auctoritate neque gratia pugnat, sed quibus Philippus omnia castella expugnari posse dicebat, in quae modo asellus onustus auro posset ascendere. "* 'v J V, 2 erzählt Petrarca, dass Johann Colonna bei einem unter den Seinen ausgebrochenen Streit alle durch einen Eid zur Angabe der Wahrheit verpflichten wollte, nur Petrarca habe er den Eid erlassen, er habe sich bei diesem mit dem einfachen Ja oder Nein begnügt: Renovasti in meXenocratis philosophi antiquum decus, cuius in epistolis ad Atticum mentionem facit Cicero, dem von seinen Mitbürgern der Zeugeneid erlassen wurde. Cicero erwähnt dies ad Att. I, i6, 4 und meint, die ihm in dem Process des Clodius erwiesene Ehre, dass die Richter auf das gegen ihn erhobene Wuthgeschrei der Clodianer aufgesprungen wären, um ihn mit ihren Leibern zu schützen, sei grösser gewesen, als diejenige, welche die Athener dem Xenocrates erwiesen. IV, 15 sagt Petrarca, gegen Andreas von Bologna, der Plato einen Dichter genannt, dass, wenn Panaetius den Plato den Homer der Philosophen nenne, er dem Plato die Stelle unter den Philosophen gebe, die Homer unter den Dichtern habe. Alioquin quid de ipso Tullio dicemus, qui in epistolis ad Atticum quodam loco Platonem suum deum vocat? Dasselbe Citat kehrt XXIV, 2 in dem Gespräch mit dem für Cicero begeisterten Greis von Vicenza wieder, dem Petrarca sagt: Sed si Platonem Cicero suum Deum vocat, cur non ut Deum tuum Ciceronem voces? Bei Cicero steht diese Stelle ad Att. IV, 16, 3: deus ille noster Plato. IV, 14 charakterisirt Petrarca ein Dienerpsiar so: tertium (näml. servorum par) sie est, ut huius furor, illius torpor odiosus sit: et iuxta illud Socraticum a Cicerone relatum in epLstolis, alter frenis, alter calcaribus egeat. Dies ist ein Wort des Isocrates, nicht des Socrates. Cicero wendet dasselbe auf Sohn und Neffen an ad Att. VI, 1, 12: Cicerones pueri amant inter se, discunt, exercentur, sed alter, uti dixit Isocrates in Ephoro et Theopompo, frenis eget, alter calcaribus. VII, 4 beginnt Petrarca einen Briet an den Bischof Johannes also: Petitionis tuae memor, promissique mei non oblitus, Italiam, sive (ne grammatica lite implicer, quam in epistolis Ciceroni suo movet Atticus) in Italiam vado. Dies ist eine etwas unglückliche Re- miniscenz an die bekannte Stelle ad Att. VII, 3, 10. wo Cicero von Atticus entschieden wissen will, ob man Piraeeus als Stadt oder Ort zu behandeln und demgemäss Piraeeum oder in Piraeeum zu sagen habe. Dieselbe Anspielung findet sich bei Petrarca wieder XVI, 14: Ein Freund ärgert sich dort über einen Sprachfehler, den er gemacht; Petrarca tröstet ihn, wem könnte nicht ein Gleiches passiren? Cicero ipse in epistolis ab Attico suo poscit auxilium, quo se magna molestia liberandum dicit. Hier bezieht Petrarca fälschlich das molestia liberari auf die Lösung dieser grammatischen Frage. Cicero meint damit scherzweise die folgende Frage: Wenn Cäsar mir zur Strafe für meine Opposition im Senat das Capital kündigt, das ich ihm schulde, soll ich dann das Geld von Caelius für hohe Zinsen leihen? Si hoc mihi ^yjTTjua per- solveris, magna me molestia liberaris, d. h. wenn du mir diese Frage durch einen Vorschuss aus deiner eignen Kasse lösen wolltest — dies bedeutet persolveris — so würdest du mich aus einer grossen Verlegenheit befreien. (So hat die Stelle schon Manutius erklärt.) Petrarca sagt XVIII, 8: Haec et bis similia (näml. dass man einem Freunde gegenüber jede Empfindung brietlich aussprechen dürfe) cum saepe pro quotidiani moris excusatione dixissem, forte accidit, ut in epistolas Ciceronis inciderem, librum magnum multaeque varietatis atque hujusce 32 :->r^^r- modi ^uniliaribus plenum refertumque colloquiis. Ibi excusationem simHem legi, et delectatus sum nescio qua vel ingenii, quod ut optare, sie sperare utinam liceret, vel ipsanim perum sola similitudine me dixisse, quod tanto ante magnus ille vir dixerat, cum adhuc (Deum testor) ab illö dictum esse nescirem, et secum, ut in quodam loco ait idem, in eadem incidisse vestigia. Quod ut clarius fiat, ipsa Ciceronis verba subiciam, qui ad Atticum scribens cum saepissime variasset, adjecit et quasi ad se ipsum loquens: Anne igitur, inquit, sententiam mutas? et respondet ut dixi: Ego tecum, inquit, tamquam mecum loquor. Quis autem est, tanta quidem de re, quin varie secum ipse disputet. Atque huic rationi ille aliam accumulans: siniul et elicere cupio sententiam tuam, ait, si manet, ut firmior sim, si mutata est, ut tibi assentiar. Dies steht ad Att. VIII, 14, 2: totiesne igitur sententiam mutas? etc., und ist geschrieben zu einer Zeit, da Atticus den schon gefassten Entschluss, Italien nach Aus- bruch des Bürgerkrieges zu verlassen, wieder aufgegeben hat. ' • Die Stelle aus ad Att. X, 8, 8: quamquam tempus est, nos de illa pertetua iam, non de hac exigua vita cogitare fanden wir schon oben in dem Brief Petrarcas an Cicero. VIII, 7« spricht Petreirca von den furchtbaren Verheerungen der Pest, die ihn, wie Socrates, auch jeden Moment hinraffen könne. Quid ergo sumus, frater optime, quid sumus? .Nee desinimus superbire? Suis angoribus constematus in epistola quadam ad Atticum: Ipsi, 'inquit, quid sumus, aut quamdiu haec curaturi sumus? Brevis quidem, sed bona (ni fallor) quaestio^ et salutaris, et gravida, atque utilibus plena sententiis, sab qua multum verae humanitatis ac modestiae, multumque contemptus rerum fugitivarum vigil fossor inveniet. Quid sumus, inquam? Quam gravi, quam tardo, quam fragili corpore; quam caeco, quam turbido, quam inquieto animo; quam varia, quamque incerta volubilique fortima! Aut quamdiu haec curaturi sumus? Profecto perbreviter; nempe non aliud sonat, quam si diceret, ipsi quid sumus, et hoc ipsum, quamdiu futuri sumus? Utique hercle non diu; cum hoc idem nostrum esse, ut diutumum esse non potest, sie nunc possit inter verba desinere, neque si aeeidat, miri aliquid aeeiderit -Utrumque igitur bene et graviter quaeris, M. Tulli. Sed quaeso te, ubinam tertium reliquisti, et eventu perieulosius et quaesitu dignius? Postquam hie esse desierimus, quid futuri sumus? O rem magnam et ambiguam, sed neglectam. Dies steht ad Att. XII, 11 in einem Briefe, den Cicero, bedrückt von häuslichem Leid und der öffentlichen Calamität, im Jahre 46 geschrieben hat: Male de Seio; sed omnia humana tolerabilia ducenda. ipsi enim quid sumus? aut quamdiu haec curaturi sumus? In der Schrift de vita solitaria finden sich Buch II, sect. 8, 2 p. 318 in einem Capitel, welches überschrieben ist: de solitudine Ciceronis Citate aus mehreren Briefen des XII. Buches: (Cicero lobt die vita otiosa Jils faeilior und tutior) qucimvis Cicero idem primo vitae huius impatiens, ut dixi, eandem multis tandem doloribus et inprimis amantissimae filiae morte deiectus optaverit et Attico suo scribens: Nunc, inquit, omnia respuo, nee quidquam habeo tolerabilius quam solitudinem (ad Att. Xu, 18,1) et iterum: mihi, inquit, solitudo et recessus provincia est (XII, 26,2), valde urbem fugio multas ob causas (XII, 27,3). Item: Nee enim in turba esse possum (XII, 29,2), et rursus: Nihil hac solitudine jueundius, in qua, inquit, careo omnium colloquio, cumque mane in silvam me abstrusi, densam et asperam, non exeo inde ante vesperum (XII, 15; der Anfang steht XII, 16 in dieser Form: mihi adhuc nihil prius fuit hac solitudi^ne). Quod verbum quotiens lego, sie assentior, ut a me ipso, non ab alio dictum putem, ita mihi saepe idem aeeidit. Demum, ut iam Ciceroni valedicam, idem . >^ ■ 33 ipse mox dulci blandiens amico: Secundum te, ait, nihil est mihi araicius solitudine (XII, 15) et adiecit: in ea mihi omnis sermo est cum litteris (ib. 15). — In dem schönen Briefe I, 4, in dem Petrarca seinen Aufenthalt in Cöln erzählt, erinnert er Johann Colonna an das, was derselbe ihm bei der Abreise aufgetragen: fleissig von seinen Erlebnissen zu schreiben; denique Tulliano verbo usus, scribe, dixisti, quidquid in buccam venerit Dieses ist eine in den Briefen an Atticus häufig vorkommende Wendung, z. B. I, 12, 4; VIT, 10; XIV, 7, 2; XII, 1, 2. in den anderen Ciceronischen Briefsammlungen findet sie sich nicht. Uebrigens kann Petrarca dieses Citat, wie oben schon gesagt, auch einem Citate bei Seneca entnommen haben. Gleichfalls nur den Briefen an Atticus ist die Wendung eigenthümlich, welche ep. III, 20 steht: Hoc igitur saltem, quod multi ab amicis petierunt, sed eorum, quos ego legerim, primus Cicero, scribe, te nihil habuisse, quod scriberes. Dasselbe wiederholt erXII,10: cum satis me excusserim, nihil quod scribi dignum esset inveni, nisi hoc ipsum novi, nihil esse quod scriberem. Bei Cicero findet sie sich IV, 8, 4; X, 3, a. l. Aus III, 18 habe ich die eine Stelle: de Ciceronis epistolis Senecae prius quam oculis credidi meis schon oben angeführt; es findet sich noch eine andere Stelle in demselben Briefe Catonis insatiabilis librorum fames, cujus Cicero testis est, ipsiusque Ciceronis ardor ad in- quirendos libros, quem multae testantur epistolae ad Atticum, cui eam curam non segnius imponit, agens summa instantia multaque precum vi, quam ego nunc tibi; und XVIII, 7. wiederholt er einen ähnlichen Gedanken: Si quod sane mihi cum libris potest esse commercium, hunc in me affectum non mirabitur quisquis Ciceronis epistolas aliquando perlegerit, ubi vir ille, cuius ex ingenio velut e fönte purissimo atque plenissimo fluebat, quidquid est paene librorum illustrium, quo vetus latinitas glorietur, libros tarnen alienos non appetere videtur, sed ardere. Diese Stellen nehmen Bezug auf folgende aus den Briefen an Atticus I, 4, 3: libros tuos con- serva et noli desperare eos me meos facere posse, quod si assequor supero Crassum divitiis atque omnium vicos et prata contemmo. I, 10, 4: bibliothecam tuam cave cuiquam despondeas, quamvis acrem amatorem inveneris, nam ego omnes meas vindemiolas eo reservo, ut illud sub- sidium senectuti parem. cf. ib. I, 7. II, 12 u. a. m. Ep. de rebus fam. XVIII, 1 1 übersendet Petrarca dem Prior Franciscus einen Ciceronianus libellus zum Ueberbringen an einen gemeinschaftlichen Freund: Ego rerum dubius hunc ad te potissimum destinare statui, certus tui, quod non temere nidum linquis, epistolamque addidi secum profecturam, quia per armorum strepitum micantesque gladios non tuto venturus videbatur in- comitatus et inermis Cicero, vir, ut quidem ait, nihil minus quam ad bellum natus, quamquam (si iocari cum defunctis licet) ille forsan haec audiat invitus, quem in epistolis ad Atticum (minmi dictu) tanta tenebat cupiditas triumphandi. Dies bezieht sich auf folgende Stellen: VII, 1, 9: scripsi etiam ad ipsum me quidquid possem nummorum ad apparatum sperati triumphi ad te redacturum. — ib. 2, 6 de triumpho autera nulla me cupiditas umquam tenuit ante Bibuli impudentissimas litteras, quas amplissime supplicatio consecuta est: a quo si gesta essent, quae scripsit, gauderem et honori faverem, nimc illum, qui pedem porta, quoad hostis eis Euphratem fuit, non extulerit, honore augeri, me in cuius exercitu spem illius exer- citus habuit, idem non adsequi, dedecus est nostrum, nostrum inquam, te conjungens. itaque omnia experiar, et ut spero adsequar. Zwei andere Stellen in den Briefen IX, 5. pag. 23 und XXIII, 17 sind Briefen Cäsars entnommen, die sich als Beilagen zu den Briefen an Atticus finden. Die erste IX, 5. 5 i«!."jJ'i.-^i.V '-'"''" ■^■->- .'^'' '''34 w-"- ' :"" ':?^'^''^jM'^C^:J:^, lautet: Unum praetennisisse dicar ab iis, qui, ut in epistola quadani ait Julius Caesar, tibi et mihi fuerant inimicissimi, quorum artificiis effectum est, non dico, quod ille dixit, ut respublica, sed ut familiaritas atque amicitia nostra in hunc statum perveniret. Sie ist einem Briefe Caesars an Oppius und Cornelius entnommen ad Att. IX, 7, 2, — Die andere XXIII, 17 lautet: At quod ad aulicos canes, nihil dico aliud nee video, quod altius dici possit, modo mihi conveniat, quam Caesareum illud: nihil enim, inquit, malo quam et me mei similem esse et illos sui. Diese Aeusserung steht in einem Briefe Cäsars an Cicero ad Att. IX, 16, 2. Von anderer Art sind die Citate, welche sich in der historia Julii Caesaris finden. Hier dienen die betreffenden Stellen der Briefe an Atticus als historische Beweismittel, und dem eht- ^f.f^'^ /sprechend sind sie durchweg mit Angabe des bezüglichen Buches, aus dem sie entnommen sind, ^ . .. citirt. Sie stehen bis auf eine im 20. Capitel. Die erste Partie derselben betrifft den Labienus. !»;*> Nachdem Petrarca die Thatsache des Abfalls des Labienus erzählt und sein Urtheil darüber ; ausgesprochen, fährt er § 1 1 fort: Sane qualiter aut quando discesserit seque vocantiugfi hortatibus f" • :- acquierit, non invenio, nisi quod libro septimo epistolarum Ciceronis ad Atticum eo tempore, \.i .' quo haec in re publica fiebant, ita scriptum est (VII, 11, 1): Labienus discessit a Caesare. •' . Et in alia statim epistola (12, 5) Labienum ab illo discessisse propemodum constat. Et , , post pauca de eodem simulque de Caesare loquens (13, 1): Facinus, inquit, jam diu nullum y'.,_ civile praeclarius, qui ut aliud nihil, hoc tamen profecit: dedit illi dolorem; sed .. -. etiam ad summam profectum aliquid puto. Nee longe post (13, 7): Labienus, inquit, ■■'. vir mea sententia magnus, Teanum venit, ubi Pompejum consulesque convenit. j^:- , Qui sermo fuerit, et quid actum sit, seribam ad te, cum certum seiam. Et rursus (ib.): t - aliquantum animi nobis videtur attulisse Labienus. Denique de Pompejo agens Labienum, ^'- inquit, (16, 2) seeum habet, non dubitantem de imbeeillitate Caesaris copiarum. In ';- quo quidem tam indubitato iudicio longe, ut res docuit, fallebatur. Quamvis vero modus trans- ;"^ eimdi non penitus notus sit, illud plane compertum est, durum per hoc ex amico hostem Caesari f . quaesitum, sed innoxium, sibi autem communem fere omnibus transfugis contemptum. Siquidem Cicero ipse, qui eum sua sententia magnum virum dixerat, eonfestim libro proximo (VIII, 2, 3): • - In Labieno, inquit, parum est dignitatis. Dieser ganze Abschnitt über Labienus schliesst so: Haec tam multa de Labieno, quia res apud historieos videtur oecultior et curiositas legentium nihil etiam minimum respuit, quod cognitu dignum sit. l . Nachdem Petrarca dann die Ursachen des Bürgerkrieges dargelegt und die Urtheile über Cäsars Schuld mitgetheilt, sagt er (21): Posui ecce opiniones hominum varias una eademque de re et hominum idem volentium, Caesarem scilicet infamare. Mihi autem sat, ne dicam valde, rerum ,♦; talium curioso venere ad manus aliquot Caesaris ipsius epistolae, nota sunt etiam ejus v" dicta ac responsa quam plurima, in quibus omnibus avidum se pacis ostendit, quibusque fortasse non minus fidei sit habendum, quam suspicionibus aemulorum .... Legi et suorum comitum epistolas idem pacis Studium expressius continentes. Darauf heisst es bei Petrarca weiter: Es sei gleichgiltig, was Pompejus und Cicero von Cäsar hielten, denn sie seien des Cäsar Feinde, wichtiger sei es zu erfahren, qualia scilicet de Pom- peio suo scribat Cicero, quem tantum dilexit in finem, ut vir, sicut de eo scriptum est, nihil minus quam ad bellum natus, et iam senior illum in civilia suo totiens damnata iudicio et infe- 7v. licia bella sequeretur et magis eligeret secum ruere quam sine illo consistere; quorum partem -i-;^..*..- ..«-v, -.^_; 7-::- ''.■ r-^^vCi'^:^S' •'^-..--% 35 quod non omnibus nota erat, et notitiae studio et novitate rerum delectandi gratia huic parti histo- riae inserendum censui. Is enim epistolanim ad Atticum libro octavo (VIII, 11. Es folgt nun zuerst das Selbstcitat aus derep. V.) Ut enim, inquit, gubernatori cursus secundus, medico Salus, imperatori victoria, sie huic moderatori rei publicae beata civium vita proposita est, ut opibus firma, copiis locuples, gloria ampla, virtute honesta sit; huius enim operis maximi inter homines atque optinii illum esse perfectorem volo. Hoc Gneius noster, cum antea nunquam, tarnen in hac causa minime cogitavit. ^ Dominatio quaesita ab utroque est, non id actum, beata et honesta civitas ut esset. Nee vero ille urbem reliquit, quod eam tueri non posset, nee Italiam, quod ea pelleretur, sed hoc a primo cogitavit, omnes terras, omnia maria movere, reges barbaros incitare, gentes feras in Italiam armatas adducere, exercitus conficere maximos. Genus illud SuUani regni iam pridem appetitur, multis, qui una sunt, cupientibus. An censes nihil inter eos convenire, nuUam pactionem fieri potuisse? Hodie potest, sed neutri axonog est ille, ut nos beati simus; uterque regnare vult. Haec a te invitatus breviter exposui. Voluisti enim me, quid de his malis sentirem ostendere. (24.) Quid tu lector ex his verbis iudicas? quantoque iustioreni Pompeii causam reris esse quam Caesaris? Item in eiusdem libri fine (16, 2) Qua spe proficiscar, inquit, Video coniungoque me cum homine magis ad vastandam Italiam quam advincendum parato. Et sentiens se posse reprehendi, quod talem sequi vellet, ut ostenderet, non se hominis virtute (duci), sed erga se merito et metu iiifamiae, ne ingratus scilicet diceretur, audi, quid eadem dicit epistola (16, i): Non me igitur is dueit, sed sermo hominum. Et rursus in IX, (7, 3) cum dixisset: Mirandum in moduni Gneus noster SuUani regni similitu- dinem concupivit, addidit: Cum hocne, inquies, esse vis? et respondens: Beneficium, inquit, sequor, mihi crede, non causam. Et alibi de eodem (X, 7, l). Si vincit, inquit, Sullauo more exemploque vincit. Et statim: Mea autem causa alia est, qui beneficio victus, ingratus esse non possum. Et multa sunt id genus in illius epistolis ab homine non solum doctissimo, sed amicissimo in Pompejum dicta, ut scilicet undique fides constet. Sed ego haec pauca et ad rem, de qua agitur, spectantia et e locis secretioribus eruta libenter apposui, ut utriusque partis merita non usque adeo, ut putantur, imparia et utrumque, sicut dictum- est, regnare voluisse magno ac fide digno teste constaret. Nachdem Petrarca dann im weiteren Verlauf seiner Erzählung die Einnahme von Cor- finium berichtet und die Milde Cäsars hervorgehoben, die er den gefangenen Pompejanern ge- zeigt, fährt er fort § 42: Operae pretium, nisi fallor, fuerit, quid de liis, quae modo memora- vimus, et ipse Caesar et alii senserint. Cum enim clementiae illius, quam Domitio ex- hibuerat, fama ut ad hostes, sie ad amicos etiam pervenisset duoque sibi familiarissimi Cornelius Baibus atque Oppius factum eius per litteras vehementer laudassent, responsionis Caesareae extat epistola, quae mihi nunc et propter scribentis auetoritatem et propter ipsius epistolae gravitatem ac brevitatem digna his interseri visa est. Ea vero est huiusmodi (ad Att. IX, 7. C): Caesar Oppio Cornelioque salutem. Gaudeo mehercule vos significare litteris, quam valde probetis ea, quae apud Corfinium sunt gesta. Consilio vestro utar libenter et hoc libentius, quod mea sponte facere constitueram, ut quam lenissimum me praeberem et Pompeium darem operam ut reeonciliarem, Tentemus hoc modo, — - -■- . I » - ,'• ■ ■ si possimus, omnium voluntates recuperare et diuturna victoria uti, quoniäm re- liqui crudelitate odium effugere non potuerunt neque victoriam diutius tenere, praeter unum L. Sullam, quem imitaturus non sura. Haec nova sit ratio vincendi, ut mlsericordia et liberalitate nos muniamus. Id quemadmodum fieri possit, non- nulla mihi in mentem veniunt et multa reperiri possunt. De his rebus rogo vos ut cogitationem suscipiatis, N. Magni (soll heissen N. Magium) Pompeii praefectum de- prehendi. Scilicet meo instituto usus sum et eum statim missum feci. lam duo praefecti partium Pompeii in meam potestatem venerunt et a nie missi sunt. Si volent grati esse, debebunt Pompeium hortari, ut malit mihi esse amicus, quam illis, qui et illi et mihi semper fuerunt inimicissimi, quorum artificiis effectum est, ut res publica in hunc statum perveniret. Eidem cum de hoc scripsisset factumque lau- dasset Cicero, qui se ad haec medium inter partes, magna licet animi fluctuatione et multa con- siliorum varietate tenuerat, rescripsit his verbis (ad Att. IX, 16): Caesar Imperator Ciceroni imperatori salutem dicit. Recte auguraris de me (bene enim tibi cognitus sum) nihil a me abesse longius crudelitate. Atque ego cum ex ipsa re magnam capio voluptatem, tum meum factum probari abs te triumpho et gaudeo. Neque illud me movet, quod hi, qui a me dimissi sunt, discessisse dicuntur, ut rursus mihi bellum inferrent. Nihil enim malo, quam et me mei similem esse et illos sui. Quo dicto vix aliquid unquam dici gloriosius ac magnificentius audivi. Et haec quidem extra, sed non, ut ar- bitror, contra seriem historiae pro delectatione lectoris interposui. Ad rem redeo. Cum Caesar Apuliam attigisset, mox Brundusium adiit Pompeiumque iam praegressum vadida obsidione circum- dedit; de quo iisdem, quibus supra, scribit; nam et haec animi eius index epistola yidetur (ad Att. IX, 13 A): Caesar Oppio Cornelioque salutem. A. d. VII. Idus Martias Brundusium veni; ad murum castra posui. Pompeius est Brundusii; misit ad me N. Magium de pace. Quae visa sunt, respondi. Hoc vos statim scire volui. Cum in spem venero de compositione aliquid me conficere, statim vos certiores faciam. Et quoniam propter navium penuriam mari eum obsidere non poterat, timens id, quod omnes cupiunt, hostis fugam, famosissimum maximumque illum portum saxorum molibus iniectis ob- struere nisus est : opus non tantum homini, sed naturae, improbum atque inextricabile, quod ipse cognoscens uni ex amicis, Q. Pedio, scribit his verbis (ad Att. IX, 14): Pompeius se oppido tenet; nos ad portas castra habemus. Conamur opus magnum et multorum dierum propter altitudinem maris, sed tarnen nihil est, quod potius faciamus. Ab utroque portus cornu moles iacimus, ut aut illum quamprimum traicere, quod habet Brun- dusii copiarum, cogamus aut exitu prohibeamus. In dem 26. Capitel, § 32 bei Ermordung Cäsars heisst es: Et Marco Bruto in se irruenti Graecum fertur nescio quid breve dixisse, de quo Caesarea! ipsum dicere solitum refert Cicero epistolarum ad Atticum libro X: Magni refert quid hie velit, sed quicquid volet, valde volet. Hier ist aber die Zahl nicht richtig angegeben, es steht XIV, 1. Die Briefe Cäsars verwendet Petrarca noch einmal, um aus dem Singuleir, in dem Cäsar von sich spricht, die Fälschung jenes Oesterreichischen Privilegs nachzuweisen Ep. sen. XV, 1: Ipse tamen de se nunquam cum militibus etiam suis nisi singulariter loqui solitus invenitur. hoc ille bos ignorabat, quod si scisset, cautius mugisset. Sunt penes me ipsius de quo agitur lulii Caesaris aliquot familiäres epistolae . . . . e quibus exempli gratia pauca decerpsi. Es folgt nunmehr aus ,. i, -r \ i »*• .?,'. 37 dem Brief an Oppius und Cornelius ad Att. IX, 7, C. Gaudeo mehercule vos significare litteris, quam vaide probetis ea, quae apud Corfinium sunt gesta. Consilio vestro utar lubenter et hoc lubentius, quod mea sponte facere constitueram, ut quam lenissimum me praeberem. Item: Caesar Oppio Cornelio Salutem (ad Att, X, 13A.) A. d. VII. Idus Martias Brundusium veni; ad murum castra posui. Pompeius est Brundusii; misit ad me Cn. Magium de pace. Quae visa sunt respondi. Hoc vos statim scire volui. Cum in spem venero de compositione aliquid me conficere, statim vos certiores faciam. Ideni Ciceroni scribens (X, 8, B) Etsi te, inquit, nihil temere nihil imprudenter facturum iudicaram, tarnen permotus hominum fama scribendum ad te existimavi et reliqucu Auch der Ausspruch Cäsars über M. Brutus wird von Petrarca noch einmal verwendet in dem Dialog zwischen Gaudium und Ratio de rem. utr. fort. I, 104. Die Vernunft sagt dort der Freude, welche über den Tod des Feindes ihr Vergnügen geäussert, wie oft hat nicht der- jenige, der den Tod eines Andern herbeigewünscht, wenn er seinen Wunsch erreicht, eingesehen, dciss die Erfüllung ihm selbst zum Verderben gereiche: Sed praecipites sunt aflfectus vestri, quid- quid vultis, valde vultis, quod de M, Bruto dixisse lulius Caesar fertur. IL Die Stelle aus Victorius' Vorrede und die Briefe des Beccatelli. Quia autem liber hie (nämlich die angeblich Petrarcasche Abschrift der Briefe an M. Brutus, Q. Cicero und Atticus,) non penitus mihi cognitus tunc fuit, cum fidelitatem eins per- spexi, neque etiam Angelo Politiano, qui ipsum c. 53 suorum Miscellaneorum valde laudavit et de fato quodam ipsius diligenter locutus est; volo de origine ipsius quaedam praediceire. Fuisse igitur Politianus narrat quattuor suae cuiusque aetatis eruditissimorum virorum, etsi de primo, qui Franciscus Petrarca fuit, non plane ipsi constitit, qui tarnen (ut postea inventum est a me) non solum ipsum possedit, verum etiam sua manu scripsit, expressum e vetere exemplari, quod ille reperit, cum diu multumque (ut in epistola quadam sua narrat) epistolas has Ciceronis con- quisisset, quae ante id tempus in tenebris latebant: nee solum volumen hoc ipsum descripsit, sed etiam illarum, quae familiäres vocantur: quae, cum apud nos in divi Marci bibliotheca custodiantur, creduntur huius, diligentissimi viri, manu 'exaratae esse: constansque haec est opinio de illis in animis nostrorum hominum; cuius etiam rei argumentum est, quod Gallicis litteris liber exaratus est; quis enim nescit vixisse Petrarcam in provincia Galliae longo aetatis suae spatio? quare imitabatur in scribendo characteras eins terrae peculiares; agnoverunt autem formam earum litterarum plures adolescentes Galli, studiosi humanioris doctrinae, quibus codicem hunc ipsum ostendi, cum transirent hac, Romam proficiscentes. Quod autem omnem scrupulum evulsit, huiusmodi est. Ludovicus Beccatellus archiepiscopus, senex optimus, et omni honore dignissimus, de cuius eruditione, probitate, usu magno rei publicae Christianae, in qua administranda summa cum laude versatus est, supervacaneum esset accuratius disputare, in aliis nonnullis egregiis monumentis antiquitatis, quae habet, habet etiam epistolas plures, quas suspica- batur, coniecturas quasdam secutus, Francisci Petrarcae esse; neque enim integrae voces hae illic sunt, sed primae tantum et praenominis et nominis litterae in illis notatae. cupidus igitur veritatis investigandae quaesivit ex me an verum foret, quod aliquando audisset, extare apud «> . convenire omnia mirifice inter se animadvertimus, ut prorsus et illae et codex meus ab eodem ^[••*-v "homine scriptus intelligeretur. ^y; ' Ueber die Stelle, die im Text mit gesperrter Schrift gedruckt ist, muss ich noch eine ^>. Bemerkung machen. Den Sinn habe ich in der Abhandlung schon wiedergegeben; er ist dieser: Ä^ _ . von den Briefen ad familiäres, die in der Marcusbibliothek sind, glaubt man, dass sie von Pe- ■ C,-^ trarcas Hand geschrieben sind; von jenen, d.h. den Briefen an Atticus, ist dies die feststehende *' . Meinung bei allen Italienern. •^^^• Zuletzt hatte Victorius von den Briefen ad fam. gesprochen, also weist er mit illae auf p. die entfernteren zurück, und das sind eben die Atticusbriefe, von denen er vorher gesprochen. tri Ebenso bezieht sich quod omnem scrupulum evulsit auf die Bedenken bezüglich des Apo- 'Iz' graphons der Atticusbriefe. Jeder Zweifel an dem Petrarcaschen Ursprung dieses Apographons der >^" Atticusbriefe sei ihm benommen durch die Vergleichung der Petrarcaschen Briefe, welche Becca- ^- telli besessen, mit diesem Apographon; die Identität der Schritt habe ihm die Gewissheit ge- geben, dass diese Abschrift Petrarca nicht blos gehört habe, wie Politian gemeint, sondern sogar ' / von ihm eigenhändig geschrieben sei. Das ist es, was Victorius mit den Worten ankündigt: ^. . volo de origine ipsius quaedam praedicare. Bandini druckt in dem Abschnitt über die iK angeblich Petrarcasche Abschrift der Briefe ad fam., welcher übrigens nur ein wörtlicher Vi Abdruck aus Mehus: Vita Ambrosii p. 215. ist, diese ganze Stelle aus Victorius' Vorrede von '■'■'■ nee solum volumen hoc ipsum descripsit bis Romam proficiscentes ab und macht ■>' ■ dahinter das Zeichen für et cetera. Damit beweist er, dass er opinio de illis auf die Abschrift der Briefe ad fam. bezieht, — andernfalls müsste diese Stelle in dem Abschnitt über die Abschrift der Atticusbriefe (cod. XVIII) stehen, was nicht der Fall ist — und folgerichtig muss er dann auch \ quod omnem scrupulum evulsit auf die Bedenken bezüglich der Abschrift der epist. ad fam. beziehen. Dabei ergiebt sich folgendes wunderliche Resultat: Jeder Zweifel an dem Petrarcaschen Ursprung des Apographons der Briefe ad fam. sei ihm benommen durch die Vergleichung der Petrarcaschen Briefe, welche Beccatelli besessen, mit dem Apographon der Briefe — ad familiäres sollte man doch erwarten, nein, der Briefe ad Atticum. Diese Auffassung hätte doch nur dann r\ einen Sinn, wenn folgender Schluss hinzugefügt wäre: Nun aber ist die Schrift in dem Apo- graphon der Atticusbriefe identisch mit der in dem Apographon der Briefe ad fam., folglich ist auch für diese der Petrarcasche Ursprung nachgewiesen. Dieser Schluss aber fehlt. Victorius hat von der Abschrift der Briefe ad fam. nur beiläufig gesprochen, er will an unserer Stelle — in der Vorrede zu seiner Ausgabe der Atticusbriefe — ja gerade den Petrarcaschen Ursprung des Apographons der Atticusbriefe nachweisen, weil es bei dem Verlust des Originalcodex für die Cicerokritik von Wichtigkeit ist, zu wissen, dass ein Mann wie Petrarca die Abschrift ge- fertigt. Von der Abschrift der Briefe ad fam. redet er gar nicht einmal in seiner Ausgabe dieser Briefe, denn bei dem Vorhandensein des Originalcodex ist die Abschrift für die Cicero- t'" kritik ohne Bedeutung. Die Existenz des Originalcodex ist auch jedenfalls der Grund, weswegen ;, eine genaue Collatiou jener Abschrift noch nicht publicirt ist. ■K-' ■ w^^^ :.r^^ •:-.j 39 V. -rV^ «i-:- -J^^ii Dies Missverständmss des Mehus, welches von Bandirii weiter verbreitet ist, hat gewiss dazu mitgewirkt, dass man glaubte, es sei die Abschrift der Briefe ad familiäres auf die Schrift untersucht worden. Dies ist aber ganz und gar nicht der Fall. "> > Die Beccatellischen Briefe sind wahrscheinlich noch vorhanden. In der Laurentiana zu Florenz befindet sich Plut. LIII, Nr. 35 ein Codex, der bei Bandini II, p 624 überschrieben ist: Epistolae Fr. Petrarcae eius manu exaratae. Dieser Codex enthält auf 19 Blättern 7 Ge- dichte und 11 Briefe Petrarcas, sowie 4 Briefe dreier anderer Verfasser an Modius Parmensis und 3 andere Schriften, unter diesen ein Gedicht von Gabrius de Zamoreis an Petrarca, auf dessen Rückseite bemerkt ist recepta 1344 April. 30. Responsum 4. Maii, offenbar eine Be- merkung von Petrarcas Hand. Nach Mehus Vita Ambrosii p. 253 — denn ihm gehört auch diese Auseinandersetzung an, welche Bandini p. 628. abgedruckt hat — sind dies jene Briefe, welche Beccatelli besessen und in Gemeinschaft mit Victorius zur Vergleichung mit jener Ab- schrift der Atticusbriefe benutzt hat; auch behauptet Mehus, dass Beccatelli in seinem Leben Petrarcas, abgedruckt in Tomasinis Petrarca Redivivus Padua 1650, p. 234. auf diese Briefe an- spiele. Mir ist Tomasini hier nicht zugänglich gewesen. Die Beschreibung bei Bandini trifft zwar nicht ganz zu ; nach Victorius müssten sie die Unterschrift F. P. haben, sie haben aber nur F. oder F. tuus oder F. vester oder abgekürzt Fr. Vr. oder Franciscus oder Franciscus vester scr. oder einmal auch Franciscus vester recommendationem et se ipsum. Indess brauchte uns dies an der Identität nicht irre machen, denn Victorius wird nach Jahren nicht mehr alle Einzel- heiten im Gedächtniss behalten haben. Victorius Bemerkung über den geringen Umfang dieser Briefe trifft für die meisten zu, 3 nehmen nicht über eine halbe Druckseite der Fracassettischen Ausgabe ein, 2 eine Druckseite, 3 1Y4 bis l%, l 272 und der 7. Brief über 5 Druckseiten; im Verhältniss zu dem Umfang der sonstigen Briefe Petrarcas kann man diese Briefe bis auf die 2 letzten also wohl minutae und pusillae nennen. Fracassetti hat sie alle bis auf Nr. XVIII in seine Ausgabe der Briefe aufgenommen. Ich will schliesslich noch erwähnen, dciss Magliabecchi, der langjährige Bibliothekar der Laurentiana, den ganzen Codex für ein Autographon Petrarcas gehalten, während Mehus meint, er enthalte allerdings Autographa, aber der verschiedenen Ver- fasser, welche die einzelnen Stücke geschrieben. So divergiren auch in diesem Falle die An- sichten über die Schrift. IIL Die Briefe des Coluccio. 1. (Codex Riccardianus 898. nach Haupts Abdruck.) Pasquino de Capellis, cancellario comitis Virtutum. Nescio, vir insignis, frater optime et amice carissime, nescio siquidem unde sumam initium. tanto etenim me munere felicitasti, quod vix prae gaudio apud me sim, et scribere gestienti nunc referendanim gratiarum officium se ingerit, nunc tam excellentis doni tui, quo non solum voti compos, sed beatus afifectus sum, commendatio subit, nunc moveor ut tecum explicem quanta consolatione delibutus sim legens quas misisti tam munifice tamque liberaliter epistolas Ciceronis. quodlibet enim horum adeo infinitum est adeoque vires transcendit meas quod nee possum mente concipere nee valeo stili mei ariditate, quo tamen soleo satis exprimere quod in mentem inciderit, enarrare. nuncque demum expertus sum longe facilius esse parvam materiam extendere quam mciximam sie ut ' ^'-^r -'. expedit adimplere. in hac siquidem seniper aliquid desiderat auditor et lector, in illa vero videtur W^!' quicquid adducitur redundare. qualiter enim dignas tibi gratias non dicam referam (hoc quidem, *-C^':?- quod rei est, supra mortalium potentiain esse reor), sed, quod in verbis residet, debitas gratias '^^■'' , agam? fateor, mi Pasquine, adeo me undique superatum quod facto nequeam digna referre nee :> - agens verbo gratias magnitudinem tui muneris exaequare. quod igitur aflfectionis est, habebo v; tibi gratias, ut si quid unquam rependerim aut egerim gratiarum, perpeti tarnen afFectu semper V'' habeam quod referre, quandocunque se facultas dederit, sim obnoxius et paratus. tu me, quod *^^ summis semper desideriis concupivi, fecisti TuUianis epistolis locupletem, amplitudine muneris faciens quod reddar ad gratias pauperrimus et egenus. quantas tamen aut mente concipere valeo ^ vel lingua proferre vel calamo designare, ex toto corde et ex totis viribus meis ago, affectu '■'■,■-' tamen illas cunctis temporibus habiturus ut nuUa prorsus officii vicissitudo me possit huius jobli- gationis nexibus liberare. tu quidem ingens illud volumen ingentioris auctoris ingentissimam •-" eloquentiam epistolis complexum, quod semper quaesivi, mihi multa rescriptum diligentia trans- misisti. o me felicem tanto talique dono, Pasquine, nam cum ex libris et orationibus Ciceronem meum mihi iam non incognitum venerarer, nunc ipsum mihi totum hoc tuo mimere tradidisti, vidi qualis in re publica, quantus inter amicos et Romani nominis principes antecessit. video quam audax hello, quam avidus gloriae, et quibus artibus tam ipse quam ceteri Romanorum famae splendorem commendationisque praeconia venerentur. vidi tuo munere bellorum civilium fundamenta et quid caput illud orbis terrarum de übertäte populica in monarchiae detruderit servitutem. vidi Ciceronem meum quam in familia mitis, quam deceptus in filio, quam desperatus in adversis, qucun timidus in periculis quamque fuerit in prosperis sibi blandiens et securus. multa denique vidi quae mihi tantae laetitiae fuerunt quantam unquam habere posse nee credidi nee speravi. quid enim mihi ioeundius esse potest quam cum Cicerone loqui, quam tot proeerum, scientissimorum virorum, quos volumen illud, munus scilicet tuum imo divinum habet, vidisse tum eloquentiam tum mores tum virtutes tum casus varios et affectus? nescio de aliis, de me ' . autem verissime testari possum me nunquam aliquid aliud speculativum vel historicum tam avide tamque cum laetitia perlegisse, simul enim, quod rarissimum est, rerum novitas atque varietas, eloquentiae splendor et scribentium auctoritas delectabant, unde donum, si mensuretur rebus, non potuerit esse maius, si fruetu, reperiri non possit utilius, sin autem affectu, deleetabilius nequeat cogitari. ergo, mi Pasquine, tuus virtutibus tuis eram, nunc autem tali et tanto munere me taliter devinxisti quod fateri oporteat me fore, quod vix dici potest, sine controversia plus quam tuum. omnia siquidem, crede mihi, quae fortuna imo dei dispositio (nam fortuna nihil est) posuit in manibus meis non servus sed verus dominus possideo praeter libros. illonim, fateor, servus simi tenacissimusque possessor et avarus ac insatiabilis appetitor. nunquam in libris potui servare modum, in reliquis forte non ad unguem sed ad communem hominum mediocritatem satis idonee me compono; ut ex hoc cogitare debeas in tam ardenti mentis habitu, quem iam LX annis tum ingenitum tum excultum [natura receptum] consuetudine confirmavi, quam gratum et quam acceptum mimus has tuas epistolas destinasti. verum epistolas quas tradidisti consi- derans non aliter de me quam de Narcisso scribit Ovidius 'dumque sitim sedare cupit, sitis altera crevit:' sentio quidem epistolarum Cieeronis plurimum abesse putoque quod has habueris ab ecclesia Vercellensi, verum compertum habeo quod in ecclesia Veronensi solebat eiliud et epistolanim esse volumen, cuius, ut per aliquas epistolas inde desumtas quas habeo et per excerpta Petrarcae clarissime video, [quod] inter has penitus nihil extat. quam ob rem ut integre : ... » - . •.-,. ,..•' . 41 ■•■■• ■■ -■ ■■;-"\-"' . • - • S«-'^^.'■■.>i.■ .•••..■.'--..'-. ""V . . ■' ,!"-.-.s ^-''!""» - • '^ ' ■■-'- • ' • ♦• ■''■' .:■..; ■■- -'.'■_.- z- ••• .'-- ■ :' -// - " .u- .■- '. ■: .•■.••■ possim omnes habere te per aeterni numinis maiestatem, per commvmem nostri domini excellen- tiam, per iUam dulcissimam caritatem qua iungimur et per quicquid usquam potest fidei et benevolentiae reperiri te deprecor et obtestor quod illas etiam inquiri facias et diligenter, ut has alias, exemplari, ut omnes qui magna iam ex parte suscepi tuo munere consequar epistolas Arpinatis. o quam felix ero, si mihi rem istam expleveris. o quantus et tibi cumujabitur honor et perpetui nominis fama, si cunctas Ciceronis epistolas congregabis. mihi vero non posses rem efficere gratiorera nee tibi maioris nominis vel honoris et, nisi fallor, nihil honestius operari quam caelestis eloquentiae totum quod possis colligere Ciceronem, ut qui totus quantum ad epistolas attinet ferme perierat per te laboreque tuo his nostris temporibus reviviscat. ceterum ex ore Fr Z (Codex Riccardianus 845. nach Mortis' Abdruck.) Coluccius Salutati Pasquino de Capellis. Ibimusne, vir insignis frater et amice carissime, ibimusne in aetema silentia, nee reddemus vicissim nobis dulcia commercia litterarum, quae prohibuit grave bellum dominoruro nostrorum errori- bus concitatum. (Krieg zwischen Florenz und Galeazzo Visconti 1390 — 1392.) Absit ab amicitia et caritate nostra, quae contracta semel nunquam debet abrumpi, tantum et tale flagitium. Quid enim indicat inter amicos publica taciturnitas nisi latens odium? nisi verum dilectionis ignem non solum ob- ductum esse cineribus * * * vel fumum aut flammcis emittit; ceteri mentium nostrarum sedate motus obtegi possunt, sola dilectio semper fervet, semper ardet, semperque si potest aliquid operat. Si ergo perpetuum tacuerimus urgens et violentum indicium est nos amodo non amare. Sed nolit deus tantum dominonmi nostrorum erroribus licuisse. Turbaverint licet hello terras et maria, seque vicissim ad suorum ferme statuum depositionem adegerint et extrema pericula, quae inter nos rescindere potuerunt vincula dilectionis et amoris. Ego quidem de me nescio, quando niagis bellum ardebat, tui semper memor eram, et, quod occultare non volo, extimuisse vehementer ne dominorum nostrorum insania, externarum gentium exaltatione, haec duo Italiae culmina dederint in ruinam. Nimis crede mihi fidei tribuit, nimis communis dominus furori et amentiae vicinorum nostrorum, qui belli tantimi incendium excitarunt, minusque quam debuit immensa sapientia sua veris ac antiquis probatissimisque amicis Pisanis credidit. Pisanis inquam quibus patriae conservatio cara .est, non illis qui odio rerum suarum mutari onuiia Student. Nimis et domini mei suspicionis forsitan conceperunt, nimis et spei. Sed profecto verissimum est Cleantevmi illud: fata volentem ducunt, nolentem trahunt. Verum haec non possumus ad dolorum renovationem nisi nimium reminisci, simulque ad sugillationem erroris et futurorum exemplum non nisi parum possumus recordari. Redire quidem in mentem tot pericula, tot labores, et utile et necessarium arbitror, ob curam et diligentiam agendorum. Nescio quomodo de privatis affectibus ad publica raptus sum. Redeam igitur ad pro- positum. Ego cepi huius scriptionis, auspicio mutuae dilectionis, ignem excitare. Tu mihi re- rr^^-*"^^'"'; ^ '■ " «• ■ .* ■ 43 . . . -....v.:.- scribere non sis avarus. Ceterum Dinoziam Stefiani, quae pia sunt, ut ex ipso disces, si me diligis, consüiis dkige et auxiliis fove. Cui rei quod communis dominus se benignum exhibeat utilissimuni censeo; quo indpiat iila belli gesti si qua mentibus remansit acerbitas mitescere, et certam spem praebeat ad maiora. Antonium Luscum cuius, ni fiailor, ingenium et scientia debent iam tot annorum studio mirabiliter crevisse, salutes volo. Et si provinciae, quam tibi commisi, de quave tu mihi spem dederas, operam dedisti, de epistolis scilicet Ciceronis, et si quid factum est, rescribeet praefato Dinozio fave, et crede tanquam mihi. Volo quod reverenter et obnixe parvitatem meam illius benignissimi domini celsitudini recommendes. Vale felix. Floren- tiae IUI non. lulii. ', . - ~ 3. (Codex Riecardianus 845. ebenfalls nach Hortis' Abdruck.) . ' Coluccius Salutati Pasquino de Capellis cancellario comitis Virtutum. ; ^,■• Plusquam sextum, ut arbitror, vir insignis frater et amice Ceirissime, postquemi desiderata pax nobis restituit litterale commercium, tibi scripsi, multotiens etiam prius, nee unquam vel minimam epistolam reddere dignatus es, propter quod insurrexerat mihi vehemens urgensque suspicio, te taciturnum odio vel contemptu, quorum illud adeo mihi videbatur ab amicitiae pene- tralibus alienum, quam erga me plurimis rerum argumentis multoque dilectionis officio demon- strasti, quod ipsum nullo modo subsistere mihimet poteram persuadere. Non persuadebam etiam et contemptum, qui mihi nullo modo videbatur tuae moderationi tuisque moribus convenire. Cogitabam autem mecum tuae consuetudinis esse et cautionis propter integritatem officii, ne cui daretur insusurrandi materia, vel aliquid simile posse subesse quo tu privatae scriptionis munus et . obsequium evitares. Quicquid autem id sit, licet duobus primis olim memet iudice et nunc demum attestatione parnatici iuvenis Antonii Lusci purgatus absolutusque sis, superest tamen mihi scru- pulus nee possum quiescere nisi scribas. Indignissimumque mihi videtur quod, cum tu frequens inter meas epistolas legi possis, ego tamen omnino non inveniar et in tuis. Scribe precor igitur et omnem meam dubitationem munere salutatoriae scriptionis absolve, Non exigo tractatus, non longas epistolas, quas ineptum ab occupatis expetere, quasque non debent et occupati, si suis vacare velint negotiis, exoptare. Sufficiat inter te et me, quoniam publicis et arduis atque multis immo infinitis impliciti sumus, litteratoria salutatio. Sit satis mutuo scribere: Valeo, Vales. Ut iam occupationes amodo non causeris, haec hactenus. Nunc autem quanto perceperim gaudio, deus testis, te Ciceronis epistolas de Verona meo nomine exemplari iussisse. Gratias ago dili- gentiae et dilectioni tuae, rogoque ut quam primum et si potes per oratores nostros qui veniunt istuc mittas. Et vale. Florentiae. XVII. Kai. Sextilis. Ceterum Anibal de Pantaleonibus servitor tuus et amicus meus praesentium lator tuis immo illustrissimi communis domini nostri domini co- mitis Virtutum favoribus indiget. Si me igitur diligis ipsum fove, ipsum dirige consiliis, ipsumque patrociniis tuis iuva et in ipso quanti me facis, ostende. Iterum vale. IV. Petrarca über die Abschreiber: de rem. utr. fort I, 43. Quis scriptorum inscitiae inertiaeque medebitur corrumpenti omnia miscentique? Cuius metu multa iam, ut auguror, a magnis operibus clara ingenia reflexerunt, meritoque id patitur ignavissima haec aetas culinae soUicita, htterarum negligens, et coquos examinans, non scriptores. Quisqiiis igitur pingere ciliquid in membranis manuque calamum versare didicerit, scriptor habebitvir, doctrinae omnis ignarus, expers ingenii, artis egens. Non quaero iam, nee queror orthographiam, quae pridem interiit. Qualitercunque utinam scriberent, quod iubentur! Appareret scriptoris in- fantia, rerum substantia non lateret. Nunc confusis exemplaribus et exemplis unum scribere pollidti sie aliud seribunt, ut quod ipse dictaveris, non agnoseas. An si redeat Cieero, aut Livius multique alii veterum illustrium, ante omnes Plinius Secundus sua seripta relegentes intelligent? Et non passim haesitantes nunc aliena credent esse, nunc barbara? Nachdem er dann von den Gefahren ge- brochen, welche den Wissenschaften von der Feindseligkeit und Gleiehgiltigkeit der Vornehmen drohen, fährt er fort: Equidem huius rei pulcherrimae (nämlich der Wissenschaften) contemptus atque odium brevi vos in profundum ignorantiae demerserint. Accedent (zu diesen Feinden der Wissenschaft) et scriptores nulla frenati lege, nullo probati examine, nullo iudicio electi. Non fabris, non agricolis, non textoribus, non ulli fere artium tanta licentia est. Cum sit in aliis leve periculum, in hac grave, sine delectu tamen ad scribendum ruunt omnes et cuncta vastantibus certa sunt pretia. -V.' • •I^^^^^f,^^*^^:. -^^^ '^ ^-■.■v'^-:-' ■ • ■■ : ^"^TT^iJ^ .- iTr- •*"• '» Sehulnaehriehten. A. Jahresbericht Früher, als gehofft, und fast so früh, wie gewünscht worden, hört das provisorische Gebäude auf, den Zwecken des Gymnasiums zu dienen. Lehrer und Lernende werden nicht ungern Abschied nehmen von der bisherigen Stätte ihrer Thätigkeit, da die Beengtheit des Raumes, die ungünstige Lage und der mit jedem Jahr wachsende Strassenlärm das Arbeiten erschwerte. Es darf jedoch auch nicht unerwähnt bleiben, dass entgegen den von mancher Seite gehegten Befürchtungen der Gesundheitszustand unserer Schüler im alten Hause seit dem Bestehen der Anstalt fast immer ein befriedigender gewesen ist. Möge der Segen Gottes auch über dem neuen Gebäude walten und über Allen, die darin ein- und ausgehen. Der vorige Jahresbericht brachte die Mittheilung von dem begonnenen Gymnasialbau imd der Verwendung der ersten sich auf 120000 Mark belaufenden Baurate. Im gegenwärtigen zweiten Baujahr ist eine Summe von weiteren 200000 Mark auf die Vollendung des Klassen- gebäudes und die innere Einrichtung desselben, auf das Ebenen des Hofes und Gartens, auf den Aussenbau der Directorialwohnung und die Aufführung der den Hof umziehenden Mauer theils verwandt, theils zur Verwendung bestimmt worden. Die Arbeiten am Klassengebäude werden von dem leitenden königlichen Baumeister Herrn Blankenburg mit aller Energie betrieben, um die zum Beginne des neuen Schuljahres in Aussicht genommene Uebersiedelung in das neue Gynmasium zu ermöglichen. Für das dritte Baujahr wird dann nur noch die Vollendung des Directorialgebäudes, die Aufführung der Turnhalle, die Einrichtung des Turnplatzes und die Bepflanzung des Grundstücks mit Bäumen und Ziersträuchern übrig bleiben. Ein ausführlicher Bericht über den Gymnasialbau bleibt bis nach Vollendung des Ganzen vorbehalten. Auch in dem abgelaufenen Jahre sind einige Veränderungen im Lehrer- CoUegium vor- gekommen. Die Herren Candidaten Baske und Iwanowius verliessen uns wieder, um am Kneiphöfischen und am Altstädtischen Gymnasium hierselbst beschäftigt zu werden. Herr Ober- lehrer Dr. Merguet, der zur Förderung seines lexikalischen Werkes halben Urlaub erhalten hatte, wurde im Winter in den lateinischen Stunden in Unter-Tertia durch den Candidaten Herrn Siegert vertreten. Der Letztere wurde im Sommer mit einigen anderen Unterrichtsstunden betraut. Neu eintrat ferner der Candidat Herr Henkel, der uns während des Winters seine Hilfe leistete. Herr Arnold trat, nachdem er sein Probejahr unter provisorischer Verwaltung einer vollen Lehrstelle an unserer Anstalt abgeleistet hatte, am l. April d. J, zu unserer Freude als ordentlicher Gymnasiallehrer in das CoUegium ehi. Ueber seinen Lebensgang wird hier folgende Nachricht gegeben: ■TVi:-.'.-?-. ■ '■:-}H,^-.^y^m ,,- -i^' iU- Xi' ■^ ■ '-< ' ' '■ - ■;> V -"«■•> T •.«- ri ' •;■■ y t. % >•; Vv^' >^, ^i.?-: "^ -r'^i' *^'\ .j e/^ St "-:•%•■'«•?.« l . 1 ■ ife ■>??.>